Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Zweiter Teil. Deutsche, vornehmlich brandenburgisch-preußische Geschichte bis 1815. (2)

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ein heiteres und gemäßigtes Klima aus. Er liegt gen Osten, wo er von der Oder 
bespült wird, einem sehr stattlichen und fischreichen Flusse, der jegliche Schiffahrt, 
sowohl Ein-, als auch Ausfuhr gestattet, und breitet sich am Fuße von Hügeln 
aus, die mit Weinbergen und lieblichen Fruchtgärten bekränzt sind und ihn im 
Süden umgürten, was, wie die durch Tätigkeit und Erfahrung tüchtigsten Arzte 
bestätigen, der Gesundheit sehr zuträglich ist. Im Westen und Norden umgeben 
ihn blühende Wiesen, heilkräftige Wälder und fruchtbare Acker. So groß ist dort 
die Fülle und der Überfluß der Früchte, daß Frankfurt die Kornkammer der be- 
nachbarten Völker ist, und so überreichlich wird dort Wein erzeugt, daß Bachhus 
und Ceres hier miteinander zu wetteifern scheinen. Der Reichtum an Fleisch, 
sowohl von zahmen, als auch von wilden Tieren, an Geflügel und den edelsten 
Fischen, an Holz, Futter, kurz an allen Dingen, die das menschliche Leben nicht 
leicht entbehren kann, ist so außerordentlich, daß die meisten Städte und Länder 
von hier unterhalten werden. 
Da wir es nun keineswegs für unsere Pflicht und Aufgabe erachten, die 
ehrenvollen und ausgezeichneten Bitten von gelehrten Männern zurückzuweisen, 
da vielmehr, wie es Symmachust) so fein ausdrückt, das Kennzeichen eines 
blühenden Staates ist, daß den Lehrern der Weisheit reichliches Entgelt zuteil 
werde, so wollen wir unter Leitung des allmächtigen Gottes zu Frankfurt dies- 
seit der Oder eine Pflegestätte feinerer Bildung und mancherlei Wissenschaft, eine 
Stätte der täglichen Wechselbeziehung des Lehrens und Lernens gründen, die 
öffentliche Universität genannt wird, und zwar soll sie, nachdem sie bereits durch 
päpstliche und kaiserliche Genehmigung bestätigt ist, im nächsten Jahr am Sonn- 
tag nach dem Tage des heiligen Markus, nämlich am 26. April, eingeweiht und 
feierlich eröffnet werden. « 
Wir versprechen außerdem die Unentgeltlichkeit aller akademischen Be— 
förderungen auf drei Jahre nach der Eröffnung unserer Universität. Wenn jemand 
erst nach der Veröffentlichung dieses Briefes sich nach dort begibt, so soll er trotz- 
dem Genuß und Freude haben an allen grammatischen und rhetorischen Vor- 
lesungen, sowie an allen Ausnahmestellungen, Vergünstigungen, Freiheiten, Vor- 
rechten, womit wir unsere Hochschule nach der Art anderer und noch reichlicher 
ausgestattet haben. 
25. 
Die Stiftung des Kammergerichts. 
1516. 
Quelle: Die Stiftungsurkunde (Deutsch). 
Fundort: Mylius, Corpu#s# Constitutionum Marchicarum. Berlin und Halle 1737. 2. Teil. S. 1 und 2. 
(Dem heutigen Sprachgebrauch angepaßt.) 
Wir Joachim, von Gottes Gnaden Markgraf zu Brandenburg, des Heiligen 
Römischen Reiches Erzkämmerer und Kurfürst usw., tun kund öffentlich vor jeder- 
mann: Nachdem wir in gnädige Betrachtung genommen haben, Nutz, Ehre und 
Gedeihen von Land und Leuten unseres Fürstentums zu fördern und insonderheit 
aus fürstlicher Mildigkeit, womit wir unseren Untertanen in höchstem Maße ge- 
neigt sind, ihnen Gericht und Recht aufzurichten und gnädig mitzuteilen gesinnt 
sind, haben wir Gott dem Allmächtigen zu Lob mit notdürftiger zeitlicher Vor- 
1) Symmachus, ein berühmter Redner, der sich auch als Verfasser von Briefen einen 
Namen machte, lebte in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts nach Christo.
	        
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