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leider ganz ihrer Ansicht beitreten. Hätte die Nation anno 1813 gewußt, daß
nach 11 Jahren von einer damals zu erlangenden und wirklich erreichten Stufe
des Glanzes, Ruhmes und Ansehens nichts als die Erinnerung und keine Realität
übrigbleiben würde, wer hätte damals wohl alles aufgeopfert, solchen Resultates
halber? Es ist dies eine gewichtige, aber schmerzlich zu beantwortende Frage.
Sie wissen aus unseren Unterredungen, wem ich die Schuld unseres Rüchschritts
in allen Staatsverhältnissen beilegen muß; geholfen haben freilich viele; aber wenn
die Gehilfen kräftige Naturen und Geister waren, so würden sie es nicht dahin
haben kommen lassen.
Die einzige Aufstellung jener Frage verpflichtet auf das heiligste, einem Volke
von 11 Millionen den Platz zu erhalten und zu vergewissern, den es durch Auf—
opferungen erlangte, die weder früher, noch später gesehen wurden, noch werden
gesehen werden. Aber hieran will man nicht mehr denken; im Gegenteil, man
muß hören, daß es lächerlich sei, mit 11 Millionen eine Rolle zwischen Nationen
von 40 Millionen spielen zu wollen! Man vergißt aber dabei, daß drei Millionen
jene Ereignisse begründeten und sich im Verbande mit einer sehr geschwächten
alliierten Armee dem lang gefürchteten Koloß entgegenstellten. Und was damals
bei drei Millionen der Enthusiasmus tat, muß jetzt bei 11 Millionen die geweckte
und beförderte Intelligenz tun.
Wenn man das lächerlich findet, schwindet selbst den Tüchtigsten und Kühnsten
der Mut! Auch Alliierte wird in bedrängten Fällen eine Nation nicht mehr,
finden, die freiwillig ihren Rang aufgibt und daher den Auswärtigen ein Rival
weniger ist, für dessen Wiederaufleben keine Partei Interesse hat und fühlt.
Und wenn man nichts mehr sein will, warum noch etwas scheinen wollen
und deshalb mit ungeheuren Kosten einc Armee halten?
9.
Friedrich Wilhelms III. politische Grundsätze.
1827.
Quelle: Politisches Vermächtnis Friedrich Wilhelms III. an den Kron—
prinzen.).
Fundort: Friedrich Wilhelms IV., Königs von Preußen Reden, Proklamationen, Votschaften, Erlasse und Ordres
seit seiner Thronbesteigung. 3. Aufl. Berlin 18861. Bd. 1,
Auf Dich, meinen lieben Fritz, geht die Bürde der goeniemssche mit
der ganzen Schwere ihrer Verantwortlichkeit über. Durch die Stellung, die ich Dir
in Beziehung auf diese angewiesen habe, bist Du mehr als mancher andere
Thronfolger darauf vorbereitet worden. An Dir ist es nun, meine gerechten
Hoffnungen und die Erwartungen des Vaterlandes zu erfüllen — wenigstens
danach zu streben. Deine Grundsätze und Gesinnungen sind mir Bürge, daß Du
ein Vater Deiner Untertanen sein wirst. — Hüte Dich jedoch vor der so all-
gemein um sich greifenden Neuerungssucht; hüte Dich vor unpraktischen Theorien,
deren so unzählige jetzt im Umschwunge sind; hüte Dich aber zugleich vor einer
fast ebenso schädlichen, zu weit getriebenen Vorliebe für das Alte; denn nur dann,
wenn Du diese beiden Klippen zu vermeiden verstehst, nur dann sind wahrhaft
nützliche Verbesserungen geraten. — Die Armee ist jetzt in einem seltenen guten
1) Das Testament wurde am 12. Juni 1840 durch Friedrich Wilhelm IV. ver-
öffentlicht.