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zurückkehren wird, und daß nicht nur die Grundbesitzer selbst bis zum Besitzer der
kleinsten Scholle ziemlich ausnahmslos bereits ihre Heimat wieder aufgesucht haben,
auch die Arbeiter, insonderheit auch die landwirtschaftlichen Arbeiter, in großer
Zahl in die Heimat zurückkehren .. ...
Eine der größten Sorgen war die Frühjahrsbestellung. Im ganzen sind un-
gefähr 600000 ha landwirtschaftlich bebauter Fläche von den Russen besetzt ge-
wesen. Wie in bezug auf die Wiederherstellung der ostpreußischen Pferdezucht, so
hat sich bei der Frühjahrsbestellung als das schwerste Hindernis der große Verlust
an Pferden herausgestellt. Die von den Russen heimgesuchten Landesteile haben
einen Verlust von ungefähr 90000 Pferden zu beklagen, von denen etwa die
Hälfte in russische Hände gefallen ist. Die Landwirtschaftskammer hat eine überaus
reiche und ersprießliche Tätigkeit entfaltet, um Ersatz für diesen Verlust für die
Frühjahrsbestellung zu schaffen. Sie hat aus Polen Pferde herangezogen: un-
gefähr 12000 polnische Pferde sind in den Dienst der ostpreußischen Landwirtschaft
gestellt worden. Eine Reihe von Beutepferden ist eingestellt worden, die freilich
nur geringen Arbeitswert haben. Man hat aus Bayern etwa 5000 Stück Zug-
ochsen angekauft und den ostpreußischen Landwirten zur Verfügung gestellt.
Tausende von Geschirren sind von der Landwirtschaftskammer geliefert worden,
weil die Russen planmäßig alles, was von Leder war, mit sich genommen haben.
128 Kraftpflüge, Dampfpflüge und Motorpflüge sind von der Landwirtschafts-
kammer angeschafft und den Landwirten Ostpreußens zur Verfügung gestellt
worden; dazu treten noch 14 Motorpflüge, die die Militärverwaltung aus Frank-
reich nach Ostpreußen geliefert und den Landwirten dort für die Frühjahrs-
bestellung zur Verfügung gestellt hat.
Weiter ist Saatgut in großem Umfange beschafft worden. Auch Stickstoffdünger,
soweit solcher zu haben war, und soweit die Verkehrsverhältnisse seine Heran-
schaffung möglich machten, ist seitens der Landwirtschaftskammer beschafft worden.
Alle diese Tätigkeit hätte aber den erwünschten Erfolg nicht haben können,
wenn ihr nicht die Staatsregierung finanziell weitgehend zu Hilfe gekommen wäre.
Der Staat hat etwa 18 Millionen zur Beschaffung von Kraftpflügen, Pferden
usw. gegeben, er hat über 6 Millionen für Beschaffung von Saatgut aufgewendet,
und er hat, was bisher meines Wissens in dieser Weise noch nicht vorgekommen
ist, eine Bestellungsprämie von 100 Mark auf das Hektar für die von den Russen
heimgesuchten Landesteile bewilligt und zu diesem Zweck eine Gesamtsumme bis zum
Höchstbetrage von 30 Millionen zur Verfügung gestellt, so daß also für die Früh-
jahrsbestellung in Ostpreußen im ganzen gegen 55 Millionen Staatsmittel zur
Verfügung gestellt sind. Damit ist erreicht worden, daß von jenen 600000 ha
nur etwa 64000 ha unbebaut geblieben sind, und zwar fallen unter diese 64000
unbebauten Hektare auch die großen Flächen, die zur Anlegung von Schützen-
gräben und anderen militärischen Einrichtungen dort landwirtschaftlichen Betrieben
entzogen worden sind und vorläufig jetzt noch entzogen bleiben müssen
Aber die finanziellen Leistungen des Staates beschränken sich keineswegs auf
das, was für die Landwirtschaft geschehen ist. Etwa 20 Millionen sind für die
Flüchtlinge aufgewendet worden, für ihren Aufenthalt, für ihre Zurückführung in
ihre Heimat. Mit 7 Millionen hat sich der Staat an der Kriegskreditbank für
Ostpreußen beteiligt. Summen sind ausgegeben worden, um den Handwerkern die
Wiederbeschaffung von Handwerkszeug zu erleichtern, um den Zurückkehrenden
Lebensunterhalt, vorläufige Unterkunft und die nötigen Geräte zu verschaffen.