100 Der Entscheidung entgegen.
den verantwortlichen Stellen des Dreibunds nicht
unbekannt bleiben können. Ee fanden sich denn schon
am 12. Mai die beiden Generalstabschefs Deutschlands
und Osterreich-Ungarns, die Herren v. Moltke und
Conrad v. Hötzendorf, zu einer eingehenden Abend-
besprechung unter vier Augen in Karlsbad zusammen.
Was enthält eigentlich der Dreibund-
vertrag?
Was die beiden Generale damals miteinander
vereinbart haben, wird kaum jemale bekannt werden.
Oaß es aber auf keinen Angriff abgesehen war, sondern
lediglich auf das Ausfindigmachen der denkbar wirk-
samsten Abwehr, geht unwiderleglich aus dem niemals
bestrittenen Defensiocharakter der Oreibundverträge
hervor. Geboren aus der unentrinnbaren „gottge-
gebenen“ Not der geographischen Lage und dem
Reichtum an lauernden Nachbarn heraus, hat der
Dreibund von Beginn an (1879) bis zum ungewollten
Kriegeausbruche nur die Verteidigung seiner Mit-
glieder zum Daseinszwecke gehabt. Im Anhange zu
Arthur Singers „Geschichte des Dreibunds“ (Leipzig
1914) habe ich es unter dem Beifalle maßgebender
Stellen versucht, die bisher niemals veröffentlichten
Texte des Abkommens zwischen Berlin und Rom
und des zwischen Wien und Rom im Wege des Indi-
zienbeweisverfahrens zu erschließen. Danach hat
jenes wahrscheinlich etwa folgenden Inhalt:
Artikel 1. Sollte eins der beiden Reiche von
Frankreich angegriffen werden, so sind die Kontra-
henten verpflichtet, einander mit der gesamten
Kriegsmacht ihrer Reiche beizustehen und den Frieden
nur gemeinsam zu schließen.