184 Hinter den Kulissen.
An demselben Tage hatte der deutsche Bot-
schafter in Petersburg eine Unterredung mit dem
russischen Minister des Auswärtigen, über die
er telegraphisch das Folgende berichtete:
„Oer Minister versuchte mich zu überreden, daß
ich bei meiner Regierung die Teilnahme an einer
Konversation zu vieren befürworten sollte, um Mittel
ausfindig zu machen, auf freundschaftlichem Wege
Osterreich-Ungarn zu bewegen, diejenigen Forderungen
aufzugeben, die die Souveränität Serbiens antasten.
Ich habe, indem ich lediglich die Wiedergabe der
Unterredung zusagte, mich auf den Standpunkt gestellt,
daß mir, nachdem Rußland sich zu dem verhängnis-
vollen Schritte der Mobilmachung entschlossen habe,
jeder Gedankenaustausch bierüber sehr schwierig, wenn
nicht unmöglich erscheine. Was Rußland jetzt von
uns Osterreich-Ungarn gegenüber verlange, sei das-
selbe, was Osterreich-Ungarn Serbien gegenüber vor-
geworfen werde: einen Eingriff in Souveränitäts-
rechte; Osterreich-Ungarn habe versprochen, durch Er-
llärung seines territorialen Deeinteressements Rück-
sicht auf russische Interessen zu nehmen: ein großes
Zugeständnis seitens eines kriegführenden Staates.
Man sollte deshalb die ODoppelmonarchie ihre Ange-
legenheit mit Serbien allein regeln lassen. Es werde
beim Friedensschluß immer noch Zeit sein, auf Scho-
nung der serbischen Souveränität zurückzukommen.
Sehr ernst habe ich hinzugefügt, daß augen-
blicklich die ganze austroserbische Angelegenheit der
Gefahr einer europäischen Konflagration gegen-
über in den Hintergrund trete, und habe mir alle Mühe
gegeben, dem Minister die Größe dieser Gefahr vor
Augen zu führen.