Full text: Die geheime Vorgeschichte des Weltkrieges.

198 Hinter den Kulissen. 
Immer mehr zeigt es sich, daß in diesem Stadium 
der Auseinandersetzungen Rußland es ist, das keine 
Bestrafung des — wie von allen zugegeben wird — 
schuldigen Balkanstaats zulassen will und deshalb zum 
Kriege treibt (Br. Wb. Nr. 72). Wie von San 
Giuliano sofort richtig erkannt worden war, 
hatte Serbien eine der wichtigsten Bedingungen der 
österreichischungarischen Démarche absichtlich ver- 
gröbert (Punkt 5 und 6: Umdeutung einer Mit- 
wirkung rein polizeilicher Beamten an den Erhebungen 
zu einer die serbische Berfassung verletzenden Mit- 
wirkung von k. und k. Beamten am serbischen Gerichts- 
verfahren), um ihre Ablehnung leichter begründen zu 
können (Br. Wb. Nr. 64). Im Gegentatze zu diesen, 
von England mehr oder weniger unterstützten Winkel- 
zügen stehen die bis an die Grenze bundesbrüderlichen 
Verhaltens (Br. Wb. Nr. 75) gehenden Bemühungen 
des Reichskanzlers um die Erhaltung des europäischen 
Friedens in Wien, die sogar die lebhafte Anerkennung 
Greys hervorriefen (Br. Wb. Ar. 77. 
Br. Wb. 79: Bunsen an Grep., 
Wien, 29. Juli. Tel.) Oes Kaisers Aufruf an 
sein Volk (so! im Originale hieß es: an seine Bölker) 
ist beute erschienen. Daß der Krieg mit Serbien nicht 
mehr aufzuhalten ist, darüber stimmen der französische 
und der italienische Kollege mit mir überein. Ob 
sich Osterreich-Ungarn bewegen ließe, seine in Peters- 
burg abgegebene Erklärung (weder die Unabhängigkeit 
Serbiens zu vernichten noch serbisches Gebiet zu 
nehmen) in eine bindende Verpflichtung Europa gegen- 
über zu verwandeln, wodurch vielleicht Rußland ver- 
anlaßt würde, ruhig zu bleiben, bezweifelt der italienische 
Botschafter. 
 
	        
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