212 Hinter den Kulissen.
Wie „ernst“ es dem Zaren zu derselben Stunde
um ein Gelingen des deutschen Druckes auf Osterreich
gewesen sein mag, geht aus folgendem Telegramm
des Militärbevollmächtigten in Petersburg an den
Kaiser vom 30. Juli hervor:
O. Wb. 18: Gestern sagte mir Fürst Trubetzkoi,
nachdem er veranlaßt hatte, daß Euer Mojestät Tele--
gramm an Kaiser Aikolaus sofort übermittelt würde:
Gottlob, daß ein Telegramm Ihres Kaisers
gekommen istl Er sagte mir nun soeben, das Tele-
gramm hätte auf den Kaiser tiefen Eindruck ge-
macht. Aber da die Mobilisierung gegen Österreich
bereits befohlen gewesen und Ssasonow Seine
Moajestät wohl davon überzeugt hätte, daß es nicht
mehr möglich sei, zurückzuweichen, so könne
Seine Majestät leider nichts mehr ändern. Ich sagte
ihm darauf, die Schuld an den unabsehbaren Folgen
trage die frühzeitige Mobilisierung gegen das doch
nur in einen lokalen Krieg mit Serbien verwickelte
Osterreich-Ungarn; denn Deutschlands Antwort darauf
sei wohl kllar und die Verantwortung fiele auf
Rußland, welches Osterreich-Ungarns Zusicherung,
daß es territoriale Erwerbungen in Serbien in keiner
Weise beabsichtige, ignoriert habe. Osterreich-Ungarn
habe gegen Serbien und nicht gegen Rußland mobili-
siert, und zum sofortigen Eingreifen sei kein Grund
für Rußland. Ich fügte des weiteren hinzu, daß man
in Deutschland die Redensart Rußlands, „wir
können unsere Brüder in Serbien nicht im Stiche
lassen", nach dem furchtbaren Verbrechen von
Serajewo nicht mehr verstehe. Ich sagte ihm
schließlich, er möge, wenn Deutschlands Streitmacht
mobilisiert werde, sich nicht wundern.