Hinter den Kulissen. 229
Telegramm des Prinzen Heinrich an den
König von England vom 30. Juli 1914.
Bin seit gestern hier. Habe das, was Ou mir
so freundlich in Buckingham Palace am vorigen Sonn-
tag gesagt hast, Wilhelm mitgeteilt, der Deine Bot-
schaft dankbar entgegennahm.
Wilhelm, der sehr besorgt ist, tut Sein Außerstes,
um der Bitte Nikolaus' nachzukommen, für die Er-
haltung des Friedens zu arbeiten. Er steht in dauern-
dem telegraphischen Verkehr mit Nikolaus, der heute
die Nachricht bestätigt, daß Er militärische Maßnahmen
angeordnet hat, welche einer Mobilmachung gleich-
kommen, und daß diese Maßnahmen schon vor 5 Tagen
getroffen wurden.
Außerdem erbalten wir Nachrichten, daß Frank-
reich militärische Vorbereitungen trifft, während wir
keinerlei Maßnahmen verfügt haben, wozu wir indessen
jeden Augenblick gezwungen sein können, wenn unsere
Nachbarn damit fortfahren. Das würde dann einen
europäischen Krieg bedeuten.
Wenn Ou wirklich und aufrichtig wünschst, dieses
furchtbare Unglück zu verhindern, darf ich Dir dann
vorschlagen, Deinen Einfluß auf Frankreich und
auch auf Rußland dahin auszuüben, daß sie neu-
tral bleiben? Das würde meiner Arnsicht nach von
größtem Autzen sein. Ich halte dies für eine sichere
und vielleicht einzige Möglichkeit, den Frieden zu
wahren. Ich möchte binzufügen, daß jetzt mehr denn
je Deutschland und England sich gegenseitig unter-
stützen sollten, um ein furchtbares Unheil zu verhindern,
das sonst unabwendbar erscheint.
Glaube mir, daß Wilhelm in Seinen Bestrebungen
um die Aufrechterhaltung des Friedens von der größten
Aufrichtigkeit ist. Aber die militärischen Vorbe-