Hinter den Kulissen. 305
aus strategischen Gründen eine Sache von Leben und
Tod für Deutschland sei, ebenso bäte auch ich ihn, zu
verstehen, daß es sozusagen eine Sache von Leben
und Tod für die britische Ehre sei, eine feierliche Ver-
pflichtung zu halten und alles zur Verteidigung der
angegriffenen belgischen Neutralität aufzubieten. Dieser
feierliche Vertrag müsse einfach gehalten werden, denn
welches BVertrauen könnte sonst noch in Zukunft irgend
jemand auf britische Verpflichtungen setzen? Oer
Kanzler sagte: „Aber um welchen Preis wird dieser
Vertrag gehalten? Hat die Britische Regierung
daran gedacht?“ Ich deutete Sr. Exzellenz so offen
als ich konnte an, daß die Furcht vor den Folgen kaum
als Entschuldigung für den Bruch feierlicher Verträge
anzusehen sei. Aber Se. Exzellenz war so erregt, so
offensichtlich von der Nachricht von unserem Handeln
überwältigt und so wenig aufgelegt, Vernunftgründe
anzuhören, daß ich davon abstand, durch ferneres
Argumentieren Ol in das Feuer zu gießen. Als ich
ihn verließ, sagte er: Der Schlag, den Großbritannien
führe, indem es sich zu Deutschlands Feinden geselle,
sei um so größer, als fast bis zum letzten Augenblick er
und seine Regierung mit uns gearbeitet und unsere
Bemühungen zur Erhpaltung des Friedens zwischen
Osterreich und Rußland unterstützt hätten. Ich sagte,
dies eben gehöre zu der Tragödie der Trennung der
beiden Nationen gerade in dem Augenblick, wo ihre
Beziehungen freundlicher und perzlicher geworden
seien, als sie seit Jahren waren. Unglücklicherweise
babe sich trotz unserer Bemühungen, den Frieden
zwischen Rußland und Österreich zu erhalten, der Krieg
ausgebreitet und uns einer Situation gegenübergestellt,
die wir, wenn wir unfere Verpflichtungen einhalten,
unmöglich vermeiden konnten und die unglücklicher-
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