Full text: Die geheime Vorgeschichte des Weltkrieges.

32 Oie inmere Entwicklungegeschichte des Dreiverbandes. 
vergessen, daß Jtalien durch Verpflichtungen noch für 
lange Zeit gebunden ist. Diese Erwägung genügt, um 
die Orientierung der auswärtigen Politik zu zeigen, 
der Italien treu bleiben wird.“ Also habe, folgerte 
Judet, Italien Frankreich ermutigt, dasselbe Deutsch-- 
land herauszufordern, an dessen Seite es dann mit 
in den Kampf gezogen wäre. „Hatte JItalien es auf 
Verwicklungen abgesehen? Hachte es daran, seinen 
Verbündeten zu verraten, oder diente es als Auf- 
reizer zu einem Krieg, in dem es seinen gewöhnlichen 
Schlachtenplatz bewahrte, um aus unserem Unglück 
Nutzen zu ziehen und beispielsweise im Mittelmeer-- 
becken unsere Kolonialerbschaft anzustreben? Man 
kann nur schwer glauben, daß Herr Oelcassé, ein sehr 
naiver Don Juan, es wirklich verführt habe. Welch 
eine Illusion! Welch ein Erwachen, wenn er, nach- 
dem er sich gründlich über den Wert der englischen 
Allianz geirrt, der Unabhängigkeit JStaliens gegenüber 
Deutschland getraut hätte!“ 
In der Tat hat Tittoni als Minister des Äußern 
noch bis 1909 Dreibundpolitik geübt. Und die illopale 
Anwendung eines Biemarckschen Ausspruches auf den 
vorliegenden Fall durch den schon damals franzosen- 
freundlichen „Corriere della Sera“: 
„Wenn eine Allianz nicht mehr den Gefühlen und 
Interessen eines Landes entspricht, so erfüllt sie nicht 
mehr ihren Zweck, und man kündigt sie“, wurde von 
der eben erwähnten „Agenzia“ und der „Patria“, dem 
Blatte des Premiers Alessandro Fortis, entrüstet mit 
den Worten zurückgewiesen: 
„Das Mailänder Blatt möge sich stets vor Augen 
halten, daß ein unverdienter machiavellistischer Ruf 
der italienischen Politik auch heute noch nicht bei den 
Nationen getilgt werden konnte. Der Corriere wird 
 
	        
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