38 Oie innere Entwicklungegeschichte des Dreiverbandes.
hatte, mußte bald erkennen, daß er sich auf dem Holz-
wege befand: der Liberale wandelte weiter in den
Entente-Geleisen seines konservativen Vorgängerse.
Eine treffende Charakteristik Greys liefert folgen-
der englische Kollegenbrief, der während der Londoner
Botschafterkonferenz im Winter von 1912 auf 1913
geschrieben ist:
„Es ist für uns, die wir Grey seit Anbeginn seiner
Laufbahn kennen, sehr unterhaltsam, zu beobachten,
wie er seinen kontinentalen Kollegen imponiert. Sie
scheinen irgend etwas in ihm zu vermuten, was durch-
aus nicht in ihm steckt. Er ist einer der hervorragendsten
Sportangler des Königreiche und ein recht guter Tennie-
spieler. Politische oder diplomatische Fähigkeiten be-
sitzt er wirklich nicht; man müßte denn eine gewisse
ermüdende Langweiligkeit seiner Art zu reden und
ein seltsames Beharrungevermögen als solche an-
erkennen. Earl Rosebery sagte einmal von ihm, er
mache einen so konzentrierten Eindruck, weil er nie
einen eigenen Gedanken habe, der ihn von einer Alrbeit
ablenken könne, die man ihm mit genauen Oirektiven
in die Hand gegeben. Als neulich ein etwas tempera-
mentvoller fremder Oiplomat sich bewundernd über
Greys leise Art äußerte, die nie erkennen lasse, was
in ihm vorgehe, meinte ein vorwitziger Sekretär: „Ist
eine tönerne Sparbüchse bie oben mit Gold gefüllt,
so klappert sie allerdings nicht, wenn man sie schüttelt.
Ist aber kein einziger Penny drin, so klappert sie auch
nicht. Bei Winston Churchill klappern ein paar Aickel
so laut, daß es einem auf die Nerven geht, bei Grey
nicht das geringste Klappern. Aur wer die Buchse
in der Hand hält, kann wissen, ob sie ganz voll oder
ganz leer ist!“ Has war frech, aber gut gesagt. Ich
glaube, daß Grey einen sehr anständigen Charakter