Oie innere Entwicklungsgeschichte des Oreiverbandes. 61
zugunsten Frankreichs zurechtgelegt. Darüber sind
wir seit kurzem einwandfrei unterrichtet.
Das im Brüsseler Archive des belgischen General-
stabs, Herbst 1914, vorgefundene militärische Material
erfährt eine wertvolle Ergänzung durch einen ebenfalls
bei den Geheimpapieren befindlichen Bericht des lang-
jährigen belgischen Gesandten in Berlin, Baron
Greindl'e, an den belgischen Minister des #ußern,
worin mit großem Scharfsinn die dem englischen Ange-
bot zugrunde liegenden Hintergedanken enthüllt werden
und worin der Gesandte auf das Bedenlliche der
Situation hinweist, in die sich Belgien durch eine ein-
seitige Parteinahme zugunsten der Ententemächte be-
geben habe. In dem sehr ausführlichen Bericht, der
vom 23. Dezember 1911 datiert ist, führt Baron
Ereindl aus, der ihm mitgeteilte Plan des belgischen
Generalstabs für die Berteidigung der belgischen Neu-
tralität in einem deutsch-französischen Kriege beschäf-
tige sich nur mit der Frage, was für militärische Maß-
nahmen für den Fall zu ergreifen seien, daß Deutsch-
land die belgische Neutralität verletze. Die Hypothese
eines französischen Angriffs auf Deutschland durch
Belgien habe aber gerade soviel Wahrscheinlichkeit für
sich. Der Gesandte führt dann wörtlich folgendes aus:
„Von der französischen Seite her droht die Gefahr
nicht nur im Süden von Luxemburg. Sie bedroht uns
auf unserer ganzen gemeinsamen Grenze. JFür diese
Behauptung sind wir nicht nur auf Mutmaßungen
angewiesen. Wir haben dafür positive Anhaltspunkte.
Der Gedanke einer Umfassungsbewegung von
Norden her gehört zweifellos zu den Kombinationen
der Entente cordiale. Wenn das nicht der Fall wäre,
so hätte der Plan, Blissingen zu befestigen, nicht ein
solches Geschrei in Paris und London pervorgerufen.