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Lande links von der Elbe, der neuen Mark Meißen; in dem jen—
seits des Stromes gelegenen Milzenerlande bequemte sich das Volk
zunächst zur Tributleistung, bald jedoch auch, als die Nutzlosigkeit
des Widerstandes immer deutlicher zu Tage trat, am Ende des
zehnten Jahrhunderts zur völligen Unterwerfung unter das deutsche
Königtum. Gleichwohl bedurfte es nicht geringer Thatkraft, um
das mit den noch freien slavischen Ländern Böhmen und Polen
grenzende Budissiner Markgebiet von Meißen aus festzuhalten und
dem Deutschtum unentreißbar zu machen. Die slavischen Edeln
erkannten die neue Ordnung der Dinge an, blieben im Besitz ihrer
Güter und traten gleich den deutschen Freien in das Abhängigkeits-
verhältnis zu Königtum und Kirche, welches als Lehnsverhältnis
bekannt ist. Das unterworfene sorbische Bauernvolk blieb auf seiner
Scholle, bebaute nach wie vor den heimatlichen Boden, behielt seine
dörflichen Einrichtungen unter der Leitung seiner Supane') und
leistete den neuen Herren, welche das Eigentumsrecht an den Gütern
für sich in Anspruch nahmen, ziemlich hohe Abgaben und mancherlei
Dienste. Den unfreien und rechtlosen Knechten, den Smurden,
blieben nur kleine Ackergrundstücke überlassen, sie zahlten davon
geringen Zins, waren aber zu Frondiensten verpflichtet und gingen
bei Besitzveränderungen gleichwie verkäufliche Ware in das Eigen-
tum des neuen Herrn über?).
Thietmar von Merseburg, daß die Bemühungen seines Amtsvorgängers Boso auf
mancherlei Spott und Hohn bei den Sorben gestoßen seien, und daß diese das
Kyrieleison, welches zu singen sie angehalten wurden, spottenderweise verdreht
hätten in Vkrivolsa — vecordes hoc in malum irrisorie mutabant Vkrivolsa,
quod nostra lingua dicitur: Aeleri stat in fruticeto — d. i. ow. w krju
Wölsa = im Busche (steht) eine Erle.
1) Eine Urkunde von 1181 erwähnt seniores villarum, quos lingua sua
supanos vocant, 1122 heißen diese eldeste —= Alteste. Weiteres hierüber bietet
Knothe, Die verschiedenen Klassen slavischer Höriger, im Neuen Archiv f. Sächs.
Gesch. 1883. Böttiger-Flathe, Gesch. v. Sachsen 1, 155.
!) So-schenkte Kaiser Heinrich III. dem Stifte Naumburg im Jahre 1040
das Dorf Kusenti in der Nähe von Weißenfels cum omni pertinentia, manci-
püis utriusque sexus et colonis, qui vulgo vocantur smurdi. 1041 schenkte
ebenderselbe einem meißnischen Vasallen 10 Königshufen in Taucha bei Weißen-
fels cum X smurdis et illorum uxoribus flllsque suis et flliabus, immo cum
omnibus suis possessionibus. 1043 erhielt das Stift Naumburg das praedium
Rogaz in pago Susilin . dum omnibus cCasis, pascuis, mancipiüis, zmurdis —
1064 den Burgwart Gröba bei Riesa cum omnibus appendicjis, hoc est utriusque
sexus mancipüs, villis, smurdis — 1065 die Burgwarte Strehla und Boritz sowie
Grimma und OÖschatz cum omnibus appendiciis suis, mancipiis, smurdis et aldioni-
bus. Weiteres hierüber siehe bei Knothe a. a. O., welcher übrigens mit seiner Ansicht
von der Ausdehnung des Hörigkeitsverhältnisses im Sorbenlande wohl zu weit geht.