Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

D. Das positive Recht. II. Recht und Wirtschaft. 29 
sondern ebensogut auch für einen gänzlich isoliert gedachten Menschen Gel- 
tung hätte. Da vielmehr das gesellschaftliche Dasein in der vereinten 
Tätigkeit zusammenlebender Menschen eine Äußerung findet, so kann die es 
begrifflich begründende äußere Regelung sich nur an die zusammenwirkenden 
Menschen wenden. Sonach ist die Materie des sozialen Lebens das auf Be- 
dürfnisbefriedigung gerichtete Zusammenwirken der gesellschaftlich verbunde- 
nen Menschen. 
Dabei bezieht sich die soziale Regelung unbedingt auf jede Möglichkeit 
des Zusammenwirkens und keineswegs bloß auf dasjenige, das etwa auf ma- 
terielle oder ‚‚niedrige‘‘ Bedürfnisse gerichtet sei. Denn eine derartige Grenz- 
ziehung könne immer nur unsicher und willkürlich vorgenommen werden und 
muß in jedem Falle für den Begriff der sozialen Wirtschaft gleichgültig sein. 
Die Arbeiterfrage ist ganz in gleicher Weise für die soziale Betrachtung ge- 
geben, gleichviel ob es sich um Beschaffung von Lebensmitteln oder um die 
Herstellung von Gotteshäusern oder von Tempeln der Kunst und Wissenschaft 
handelt; und eine Leinwandfabrik, welche Kartoffelsäcke herstellt, steht einem 
Unternehmen, das Leinwand für Ölbilder bereitet, sozialwirtschaftlich 
ganz gleich. 
Auch läßt sich zwischen ‚wirtschaftlicher‘ und ‚politischer‘‘ Tätigkeit 
nur ein relativer und ineinander fließender Unterschied machen, je nachdem 
man entweder in einer relativ unmittelbaren Weise bei der Beschaffung der 
Güter sich beteiligt oder mit der Bewahrung und Betätigung und Besserung 
der gerade die Gesellschaft ermöglichenden Rechtsnormen befaßt ist. 
Wenn sonach die Sozialwirtschaft das Zusammenwirken von Menschen 
in seiner Gesamtheit erfaßt und nichts darin Mögliches ausläßt — gleich- 
viel, ob für diesen einheitlichen sachlichen Gedanken jedem der hier nächst- 
liegende Ausdruck „Sozialwirtschaft‘‘ paßt —, so darf auf der anderen Seite 
sie nicht etwa als eine Unart eines übergeordneten Begriffes ‚Wirtschaft‘‘ ge- 
nommen werden. Der letztere würde dann wohl allgemein: Tätigkeit zur Be- 
friedigung meuschlicher Bedürfnisse heißen wollen. Aber bei dem sozialen 
Zusammenwirken handelt es sich um das Verfolgen gemeinsamer Zwecke 
nach äußeren Regeln; und diese Betrachtung steht unter eigenen Erkenntnis- 
bedingungen und bewegt sich in einer eigenen methodischen Richtung der Ge- 
danken, die von jener allgemein gekennzeicheten technologischen Erwägung 
grundlegend sich scheidet. 
Stellen wir danach das Verhältnis von Recht und Wirtschaft fest, so 
ergibt sich, daß es das von Form und Stoff des sozialen Lebens ist. Bei jeder 
besonderen Anwendung des Begriffes „sozial‘‘ sind jene beiden in Wirklich- 
keit stets verbunden uns gegeben. Es gibt keine soziale Regelung, die nicht 
gewisses zusammenstimmendes Verhalten der Unterstellten zum Inhalte ihrer 
Anordnung nähme; und es ist selbstverständlich, daß ein Zusammenwirken 
ohne irgendwelche Verständigung und gemeinsame Zielsetzung ein blinder Ge- 
danke wäre. Wohl aber ist es möglich, in kritischer Zergliederung des zusammen- 
gesetzten Begriffes der Gesellschaft die beiden Elemente, die hier angeführt 
Verhältnis von 
Recht und 
Wirtschaft.
	        
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