Full text: Sozialdemokratie, Christentum, Materialismus und der Krieg.

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Die Quelle, aus der der Mehrwert angeeignet werden kann, wird 
gefunden, wenn man davon ausgeht, daß die Warenwerte als gesell- 
schaftlich notwendige Arbeitszeit durch Arbeit geschaffen werden, infolge- 
dessen ist der Warenwert nur Arbeit, die vergegenständlicht ist, d. h. 
also die Arbeit und mit ihr die Arbeitskraft ist schlechthin auch eine 
Ware und infolgedessen der Besitzer der Arbeitskraft ein Warenbesitzer. 
Diesem Warenbesitzer für die Arbeitskraft weniger zu zahlen, 
als fie einbringt, ist nach Marx die Quelle des Mehrwerts. 
In Wirklichkeit verhält es sich aber mit der Quelle des Mehrwerts 
etwas anders und zwar liegt die Möglichkeit des Mehrwerts allein 
darin, daß die Gesellschaft mehr Werte zu produzieren vermag und 
auch produziert, als sie nach den gleichzeitigen gesellschaftlichen An- 
sprüchen verbraucht. ÜUber diesen Mehrwert soll nun in irgend einer 
Weise durch Verteilung so verfügt werden, daß er den Anreiz zur 
Steigerung bietet, und dieses kann bei der Ungleichheit der Menschen 
im Wollen und Können nur dadurch geschehen, daß er im Prinzip als 
Zugkraft dem zukommen soll, der ihn verursacht hat und der ihn ver- 
dient. Hierzu ist der Eigentumsbegriff Voraussetzung und die daraus 
hervorgehende Kapitalbildung ist gegenwärtig das alleinige Mittel zum 
Zweck. Die Möglichkeit der praktischen Durchführung dieses Prinzips. 
liegt nun darin, daß der gesellschaftliche Verbrauchswert einer Ware 
größer ist als der gesellschaftliche Erzeugungswert plus Vertriebskosten. 
Do die Arbeitskraft aus einem lebenden hochentwickelten Organis- 
mus stammt, so wird ihre Wertgröße durch die dauernde Erhaltung 
bestimmt, d. h. durch ihre Erhaltung, Fortpflanzung und Ausbildung. 
Anderseits beruht in ihrer Größe auch der dauernde Reichtum eines 
Landes; in dieser Hinsicht enthält ihre Wertbestimmung auch ein histo- 
risches und moralisches Element. Schließlich hängt ihr Wert als Ware 
und zwar innerhalb bestimmter Grenzen von Angebot und Nach- 
frage ab. 
Das gegenwärtige Verhältnis des Arbeiters mit seiner Arbeits- 
kraft zum Kapitalisten mit den Produktionsmitteln ist das Produkt 
einer langfristigen ökonomischen Entwicklung, deren wirtschaftlicher Zweck 
darin besteht, die Arbeitskraft durch weitgehende Arbeitsteilung am 
besten auszunutzen. 
Zu der Werte erzeugenden Arbeit gehören also die zweckmäßige 
Tätigkeit des Menschen, der Arbeitsgegenstand und die Arbeitsmittel. 
Im handwerksmäßigen Kleinbetriebe gehören die Produktionsmittel 
noch dem Arbeiter. Hingegen im Großbetriebe, in denen die Arbeits- 
teilung am vollkommensten durchgeführt ist, und dem die Fortschritte 
hauptsächlich zu verdanken sind, werden größere und große Mittel be-