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einigen, so finden wir dieselbe Menge Wasser wieder, und zwar
empfinden wir sie wieder als dieselbe, wenn wir uns der Wage als
Hilfsmittel dabei bedienen. Gerade durch Hilfsmittel wie Wage und
Fernrohr wird unsere Empfindung nicht verändert, sondern nur er-
weitert. Und die Tatsache, daß nicht nur wir, sondern jeder Beliebige
ein Experiment unter denselben Bedingungen wiederholen und zu den-
selben Resultaten kommen kann, macht eine Feststellung zu einer all-
gemeinen und notwendigen, d. h. gesetzmäßigen. Anderseits beweist
es uns. aber auch, daß unser Empfindungsvermögen in der Art gleich
und unveränderlich ist. Diese Unveränderlichkeit des Empfindungs-
vermögens wird bei aller Naturforschung vorausgesetzt, sie ist aber auch
der Grund, daß die Empfindung direkt über das Studium von körper-
licher Ursache und Wirkung nie hinaus kann, womit aber das Ding an
sich nicht ergründet werden kann.
Anderseits ist das Empfinden der Unveränderlichkeit des.
Empfindungsvermögens das einzige Beharrungsprinzip in der Welt.
Und dieses ist sehr wichtig, denn es berechtigt uns allein, über unsere
räumliche und zeitliche Empfindungsgrenze hinauszugehen.
Unsere Empfindung hat uns dabei gezeigt, daß innerhalb unserer
räumlichen und zeitlichen Empfindungsgrenzen die Welt eine einheit-
liche Fortsetzung ist; wir können deshalb nicht nur die Folgerung ziehen,
daß sie eine solche auch außerhalb dieser Grenzen ist, sondern daß das
Weltganze überall von einer solchen Empfindung beherrscht ist, wie wir
sie kennen. Wir können deshalb ruhig von uns auf das Weltganze
schließen und von einer Weltempfindung sprechen, der wir ähnlich sind
und deren Substrat oder Träger die Substanz und die Organe des
Weltalls sind.
Während wir uns aber als Teil am Ganzen empfinden, kann sich
umgekehrt das Ganze an seinen Teilen empfinden. Da das Weltall
aber nicht an Raum= und Zeitgrenzen gebunden ist, sondern sich in jeder
Beziehung erschöpfend empfindet, so ist das Weltempfinden voll und
ganz ein Welterkennen. Der Welt als Ganzes kann man somit auch
von unserem materialistischen Standpunkt einen dualistischen Charakter
zuerkennen, der allerdings auch für diese nur im Sichselbsterkennen be-
steht. Anderseits kann man auch zu einem mit der Wissenschaft ver-
träglichen Gottesbegriff kommen, nach dem wir sogar unserem Gott
qualitativ ähnlich sind.
Nachdem wir in der Empfindung der Unveränderlichkeit unseres
Empfindungsvermögens ein Kriterium für ein Beharrungsprinzip in
der Welt, sowie für die Naturgesetzmäßigkeit der materiellen Erschei-
nungen gefunden haben, können wir versuchen, mit diesem Prinzip
auch den a priori-Begriffen Kants gerecht zu werden. Für eine