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haben ihre Bedeutung für ihn verloren. In diesem Augenblick ist ihm
das Dasein keine Angelegenheit, die der Kritik des Verstandes unter-
liegt, sondern eine reine Gefühlssache, bei der es keine Wahl und keinen
Irrtum gibt. In solchem Augenblick, in dem ihm das Aufgeben des
Ichs gleichgültig ist, hat er in Gemeinschaft mit gleichwertigen Kame-
raden nur das Bewußtsein, daß er ein vollwertiger Teil des Ganzen ist.
In diesem Sinne kann man wohl behaupten, daß der Krieg in
seinem ernstesten Stadium den Menschen veredelt, und nur die Begleit-
umstände, denen er bei vollem Bewußtsein der Individualität ausge-
setzt ist, können es sein, die ihn verrohen.
Wir haben gesehen, daß das Gefühl der Individualität, d. h. das
Gefühl der Unterschiedlichkeit mit der Entwicklung zum Besseren nach-
läßt; und es wird überhaupt verschwinden, wenn die Menschen auf
hoher Kulturstufe eine körperliche und damit auch geistige Ebenmäßig-
keit erreicht haben. Auf dieser Kulturstufe gibt es dann keinen Irrtum
mehr, infolgdessen auch weder Recht noch Unrecht, sondern einen ewigen
Frieden. Bei solcher Einfachheit und Erhabenheit sind dann alle
Organe ciner Verwaltung und Verteidigung überflüssig, denn der Mensch
tut hier seine Pflicht, weil er kann und nicht weil er muß. Auf dieser
Stufe hat der Mensch nur wieder für sein Dasein zu arbeiten, weil es
ein Bessersein für ihn nicht mehr geben kann; die ganze Tätigkeit be-
schränkt sich hier produktiv nur für die Erhaltung, ferner auf die Er-
ziehung und Unterhaltung. Da hierbei alle Kräfte aufs vorteilhafteste
fürs Ganze nutzbar gemacht werden, so wird die notwendige Arbeits-
zeit für jeden einzelnen eine sehr geringe sein, und die Arbeit selbst
wird mehr eine Erholung als Anstrengung sein. Mit Dankbarkeit wird
der Mensch auf dieser Höhe sich seiner Ahnen erinnern, die, um diesen
Hustand des menschlichen Daseins zu erreichen, gekämpft und gelitten
aben.
Der entwicklungsgeschichtliche Höhenmensch wird sich aber durch-
aus nicht durch Bedürfnislofigkeit auszeichnen, sondern er wird an die
Lebenshaltung, an edle Unterhaltung und an Pflege die höchsten An-
forderungen stellen, nur daß diese durch eine vollkommene Regelung
und ökonomische Ausnutzung aller Hilfsmittel für jeden in gleicher
Weise zur Verfügung stehen.
Wenn man in Betracht zieht, daß heute für die Verteidigung und
Verwaltung des Staates, ferner für die Beaufsichtigung der Arbeit, für
den Fortschritt der Produktion, für die Verteilung der Güter und für
das überflüssige Luxusbedürfnis der höheren Kreise ein riesiger Apparat
notwendig ist, der der Produktion entzogen wird, so kann man ermessen,
wie sehr die Arbeit eingeschränkt werden kann, wenn nur für das Be-
dürfnis einer vernünftigen Menge gearbeitet wird, und wieviel Zeit dann