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England.
Wir kommen nun zum dritten unferer verbündeten Feinde, dem
Engländer. Bei diesem hat es vielleicht den Anschein, als ob die
Motive seiner Gegnerschaft gegen uns ohne weiteres verständlich seien
und nichts weiter bedeuten als ein schäbiger Konkurrenzneid. Das
heißt mit anderen Worten, daß bei ihm die Motive einzig und allein
in der Warenproduktion und Austauschweise lagen und rein wirtschaft-
licher Natur gewesen sind.
Um dem Engländer gerecht zu werden, müssen wir uns auch hier
sowohl seine eigene geistige Entwicklung als auch die wirtschaftliche
seines Landes ansehen, zumal der Engländer der Jetztzeit nur dadurch
allein verstanden und gerecht beurteilt werden kann.
Der Rasse und dem Herkommen nach sind die Engländer ein Ge-
misch von Briten, Sachsen und Normannen, von denen die Briten zur
Zeit der ersten uns bekannten geschichtlichen Uberlieferungen die Insel
zuerst bewohnten. Durch den Einfluß des Christentums der patristi-
schen Zeit, dem die Briten ihren Anlagen und ihrem Charakter ent-
sprechend leicht zugänglich waren, wurden sie mehr zur Passivität als
Aktivität erzogen, und dieses wurde ihr Unglück, denn sie konnten so
leicht von den benachbarten Sachsen und Angeln, die anders dachten und
die sie zu ihrem Schutz von den Gestaden der Nordsee herbeigerufen
hatten, unterjocht werden.
Die Sachsen und Angeln hatten sich als seefahrende und wetter-
feste germanische Stämme durch ihre Kämpfe mit den Elementen des
Meeres als auch durch ihr etwas seeräuberisches Handwerk und ihre
Kriegsführung mit anderen seefahrenden Nationen ebensoviel Kalt-
blütigkeit als auch Selbstbewußtsein angeeignet, d. h. Eigenschaften,
die mit Zähigkeit und Ausdauer zur Geltung gebracht, für eine Kolo-
nisation und Germanisterung der unterjochten Briten besonders erfolg-
reich sein mußten. Da sie ferner, entgegengesetzt ihren germanischen
Vettern des Kontinents, sich schon bei der Bekehrung nicht dem Christen-
tum in der derzeitigen römischen Aufmachung angepaßt haben, sondern
letzteres mehr oder weniger mit ihren Lebensanschauungen zu verein-
baren suchten, so ließen sie sich ihre irdischen Rechte zugunsten des
Himmels nicht so ohne weiteres verkümmern, zumal sie auch im Anfang
von sächsischen Königen regiert wurden, die, wie Alfred d. Gr., lieber
über freiheitliebende und selbstbewußte Männer regieren wollten als
über armselige Knechte und Sklaven.
Als die Engländer zuerst unter dänische Herrschaft und später
durch Wilhelm den Eroberer unter die Botmäßigkeit der Normannen