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Wie man sieht, hat der sogenannte historische Materialismus der
Sozialdemokratie weder auf volkswirtschaftlichem noch auf politischem
Gebiet eine Bestätigung seiner Behauptungen und Voraussetzungen
durch den letzten Krieg gefunden. Auf keinen Fall haben letzteren Ver-
änderungen in der Warenproduktion und Austauschweise veranlaßt.
Es kann ja sein, daß die Vertreter des Kapitalismus hüben und drüben
aus Angst vor der Liquidation des Krieges durch Verhetzung zur Ver-
längerung desselben beigetragen haben, keineswegs sind sie aber seine
Urheber gewesen. Für Deutschland kann man sogar im Gegenteil be-
haupten, daß der Kapitalismus die Lasten der Rüstungen auf sich ge-
nommen hat, um den Frieden zu sichern und um sich auf friedlichem
Wege weiter entfalten zu können.
Ülberhaupt dadurch, daß der Krieg bis zur Erschöpfung auf
beiden Seiten geführt wurde, haben die Kapitalisten, die schließlich für
den größten Teil der Unkosten aufkommen müssen, dies sicher nicht zu
ihrem Nutzen getan.
Wenn man den Krieg von der rein geschäftlichen und kapitalisti-
schen Seite betrachtet, so kann man sich keinen größeren geschäftlichen.
Blödsinn denken. Eine mehrjährige Ausschaltung des größten und
besten Teils der produktiven Kräfte, die dafür mit allem Raffinement
sich gegenseitig zu vernichten suchen, dazu die Zerstörung unermeßlicher
Waren und Produktionsmittel; dies alles könnte nur einen geschäft-
lichen Zweck haben, wenn die ganze Volkswirtschaft auf Abbruch
arbeitet.
Daß der Krieg für manchen tüchtigen Mann eine Zeit der ge-
schäftlichen Hochkonjunktur gewesen ist, und daß in ihm der Zufall häufig
auch dem Tropf Millionen in den Schoß geworfen hat, das hat daran
gelegen, daß er eine weitgehende Verschiebung des vorhandenen Ver-
mögens mit sich gebracht hat. Es war dieses aber eine sekundäre Wir-
kung des Krieges, die, wie bereits weiter oben bemerkt, nicht zu ver-
meiden war.
Die Hinfälligkeit der sozialdemokratischen Lehren wird uns
noch verständlicher, wenn wir dem Materialismus auf philoso-
phischem Gebiet näher treten. Wir werden hier finden, wie ich voraus-
schicken will, daß es philosophisch überhaupt nur einen Materialismus
schlechthin gibt, und zwar einen solchen, der von der leblosen Natur mit
ihren Erscheinungen und feststehemden Gesetzen auszugehen hat und auf
diese auch das Menschlich-Geistige in seiner Entwicklung und Geschichte zu-
rückzuführen hat, wobei er, nebenbei bemerkt, durchaus nicht an ein rein
körperliches Ursachsverhältnis gebunden ist. Sobald er dieses nicht
kann und der Natur Gesetze vorzuschreiben versucht und sie verbessern
will, ist es eben kein Materialismus mehr. In diesem Sinne ist der