Full text: Die historischen Dokumente aus Deutschlands Eisernem Jahr 1914 bis 1915.

Weitere Mahuahmen zur Milderung 
der Kriegsnot, insbesondere auch für die 
Angehörigen unserer Tuppen. 
1. Die unentgeltliche Verabfolgung von Fleisch auf dem Schlachthofe findet in der bis- 
berigen Weise täglich statt, wenn die Bürgerschaft meine an Ort und Stelle mehrfach münd- 
lich ausgesprochenen Befehle und Anordnungen, deren strengste Durchführung ich den 
betreffenden Bürgerwehrmitgliedern nochmals zur strengsten Pflicht mache, fortsetzt und genau 
befolgt. Ich erwarte, daß das empfangene Fleisch an Nachbarinnen abgegeben wird und so 
auch tatsächlich an demselben Tage verbraucht wird, denn die Abfertigung geschieht um so schneller, 
wenn sich mehrere Frauen zusammen tun, das von einer Person herbeigeholte Fleisch unter 
sich zu verteilen. " 
Um jedoch auch der wohlhabenden Bevölkerung eine absolut sichere Bezugsquelle 
für Fleisch zu sichern, habe ich in dem Laurinatschen Laden am Alten Markt eine Ver- 
kaufsstelle für Fleisch (eventl. Wurst= und Räucherwaren) eingerichtet, deren Er- 
lös in erster Linie dazu bestimmt ist, die mit der unentgeltlichen Verabfolgung des 
Fleisches an Unbemittelte verbundenen Unkosten zu decken. Es werden des- 
halb an dieser Verkaufsstelle keine festen Preise erhoben. 
2. Die Beschaffung von Kartoffeln habe ich in der Weise durchgeführt, daß auf 
einem zum Gutsbezirk Pieragienen gehörigen Kartoffelfeld von Sonnabend, den 29. 
August cr. ab, alle erwachsenen weiblichen Personen mit ihren Kindern vom 10. Lebens- 
jahre ab jedoch nur aus der Stadt Insterburg, die Erlaubnis erhalten, sich täglich eine 
Menge von etwa 5 Litern auszugraben und mitzunehmen. Der Weg bis zu diesem Kar- 
toffelfelde wird durch Mitglieder der Bürgerwehr angezeigt werden, welche auf Ruhe und 
Ordnung zu halten und insbesondere von mir den Befehl erhalten haben, daß niemand ein 
das Maß von 5 Litern erheblich überschreitendes Quantum mitnehmen darf. Wer die 
Weisungen der beaufsichtigenden Bürgerwehrmänner nicht befolgt oder das Maß von 5 Litern 
erheblich überschreitende Menge Kartoffeln auf einmal mitnehmen will, wird von der weiteren 
Entnahme von Kartoffeln für die nächsten 3—8 Tage durch die beaufsichtigenden Mitglieder 
der Bürgerwehr ausgeschlossen und hat unter Umständen noch härtere Strafen zu gewärtigen. 
Ich habe festgestellt, daß in allen Engrosbetrieben des Nahrungsmittelgewerbes 
(Mühlen ete.) so reichliche Vorräte vorhanden sind, daß jeder in Betracht kommende Hand- 
werksmeister seinen Bedarf auch weiterhin käuflich decken kann. 
Insterburg, den 28. August 1914. 
Der Gouverneur 
Dr. Bierfreuncd. 
  
Buchdruckerei der Ostdeutschen Volkszeitung in Insterburg.
	        
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