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S. 6.
Vor der Unternehmung irgend einer chirurgischen Opera-
tion, die in ihrem Ausgange Gefahr droht, oder mit Verstümm-
lung endet, muß sich der Landarzt, wo die Umstände nicht von
so gebieterischer Art sind, daß sie schnelle Entscheidung fordern,
allemal mit einem in der Wundarzneikunst erfahrnen Arzte,
falls ein solcher in der Nähe ist, oder, wenn dieses nicht ist,
wenigstens mit zwei andern Landärzten deßhalb benehmen, und
darf nur zur Operation schreiten, in so fern der erstere sie bil-
ligt, oder die Letztern mit ihm einverstanden sind. Ist ein in
der Wundarzneikunde erfahrner Arzt gegenwärtig, und dieser
billigt die vorgeschlagene Operation nicht, so verfährt der Land-
Arzt nach der Vorschrift, die dieser Arzt ihm sodann ertheilen
wird. Sind in Ermanglung eines solchen Arztes zwei Land-
-erzte hinzugerufen worden, unb billigen beide oder einer da-
von die vorgeschlagene Operation nicht, so müssen wo möglich
noch zwei Landärzte zur Berathung hinzugerufen worden, wo
alsdann die Stimmenmehrheit unter diesen fünfen die Frage
entscheidet.
8. J.
Auf keinen Fall darf ein Landarzt die Behandlung von
psychischen Leiden oder Geisteskrankheiten, so fern sie nicht
Symptome hitziger Krankheiten sind, unternehmen, indem diese
ausschließlich den Aerzten anvertraut bleibt, welche aber nach
Umständen sich hier wie in andern Krankheiten der Landärzte
als Gehilfen bedienen können.
8. 8.
Der Landarzt hat sich in seinem Distrikte, vorzüglich als
den Gehilfen der Aerzte, die in demselben prakticiren, zu be—
trachten, und er ist verbunden, auf ihre Aufforderung die Be-
handlung eines jeden Kranken, welcher sich zuerst an den Arzt
wendet, unter dessen Leitung zu übernehmen, den Kranken, so
oft als der Arzt es verlangt, zu besuchen, und ihm auf Be-
gehren über den Gang der Krankheit und die Wirkung der
Heilmittel, falls der Arzt sich nicht mit dem Landarzte an dem-
selben Orte befindet, schriftlichen Bericht abzustatten. Es ver-
steht sich von selbst, daß der Landarzt sich in diesen Fällen nie
und auf keine Weise in die Anordnungen des Arztes bei der
Behandlung des Kranken als berathende Person zu mischen hat.
Med.-Verordn. 15