Full text: Das Civil Medizinal Wesen im Königreich Bayern. Erster Band. Die private Medizin. (1)

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Unter diese Vorurtheile und schädlichen Gebräuche sind vor- 
züglich foigende zu zählen: 
Die Furcht der Kreißenden vor Verhexung; die abergläu- 
bischen Mittel zur Beförderung der Wehen; die Verwendung 
der Nachgeburt zur Stillung der Nachwehen, zur Heilung der 
Muttermale und Kröpfe; der Gebrauch des Blutsteins zur Stil- 
lung der Blutflüsse; das Ausdrücken der Milch aus den Brü- 
sten der Neugebornen; das Formen des durch die Geburt ver- 
dvunstalteten Kopfes; das unnöthige Lösen des Zungenbandes; 
das zu ängstliche und deshalb schädliche augenblickliche Reinigen 
der Haut des Kindes von dem anklebenden Schleime in dem 
ersten Bade; das nachtheilige feste Wickeln der Kinder; das zu 
heftige Wiegen der Kinder auf Wellenbetten; der schädliche Ge- 
brauch der sogenannten Sauglappen (Schnuller) u. dgl. mehr. 
Zmeiter Abschnitt, 
welcher das Verhalten der Hebammen bei der cigentlichen Aus- 
übung ihrer Kunst genauer vorschreibt. 
8. 1. 
Vorschriften des Verhaltens der Hebammen bei 
Schwangeren. 
Wenn eine Hebamme zu einer Schwangeren gerufen wird, 
soll sie sich gegen dieselbe ohne alle Rücksicht auf äußere Um— 
stände und Verhältnisse, nämlich: ob diese arm oder reich, ver- 
heirathet oder ledig ist, dienstfertig und sanftmüthig betragen; 
denen, welche zum erstenmal schwanger sind, soll sie sorgfältig 
von allen Handlungen abrathen, durch welche der künftigen 
Mutter oder der Leibesfrucht Nachtheil zugehen kann, als z. B. 
sind: heftige Leibes= und Gemüthsbewegungen, starkes Schnü- 
ren des Körpers, Tragen schwerer Lasten, schnelles Bücken, 
Springen, Tanzen, vieles Sitzen, der Genuß rhitzender Speisen und 
Getränke u. s. w. Die Hebamme soll sich, so wie sie in dem Un- 
terrichte gelehrt worden ist, um die Zeit der Schwangerschaft 
erkundigen und daraus die wahrscheinliche Zeit der bevorstehen- 
den Geburt berechnen, damit sowohl die Schwangere, als auch 
die Hebamme sich zeitig genug darnach zu richten wissen. Alle 
ihr bei der Ausübung ihrer Kunst anvertrauten Heimlichkeiten, 
oder sonst ihr bekannt gewordenen Umstände und Familienver= 
hältnisse soll sie sorgfältig gegen Jedermann verschweigen. Was 
Med.,-Verordn. 21
	        
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