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Nr. 6334. #. 76.
Ministerial-Entschließung vom 30. Januar 1858, die Aufstellung
von Physikats-Assistenten betr.
Staatsministerinm des Innern.
Das unterzeichnete Staats-Ministerium hat die Wahr-
nehmung gemacht, daß in Bezug auf die Aufstellung von
Physikats-Assistenten von der Ansicht ausgegangen wird, als
läge die Befugniß zu solcher Maßnahme in der Zuständigkeit
der Kreis-Regierungen. Nachdem nun aber nach §. 8. des
Ediktes vom 8. September 1808 über das Medizinal-Wesen
und nach der allerhöchsten Verordnung vom 6. Oktober 1809
für jeden Amtsbezirk ein Arzt für die amtlichen Geschäfte aller-
höchst ernannt wird und im Artikel VIII. der letzterwähnten
Verordnung noch insbesondere allerhöchste Bestimmung über die
Aufstellung von Assistenten bei den Physikaten in Städten
I. Klasse vorbehalten ist, muß jene Ansicht in ihrer allgemeinen
Auffassung als irrig bezeichnet werden.
Den königl. Kreis-Regierungen obliegt nach Art. XI.
der Verordnung vom 6. Oktober 1809 allerdings, für die
ungestörte Versehung der Physikats-Geschäfte Vorsorge zu
treffen, insbesondere in jenen Fällen, wenn ein Gerichtsarzt
legal durch Krankheit oder Abwesenheit an der Erfüllung seiner
Pflichten gehindert ist und wenn sohin eine Provisional-Ver-
fügung veranlaßt erscheint. Dagegen kommt den kgl. Kreis-
Regierungen nicht zu, ohne besondere allerhöchste Ermächtigung
einem Gerichtsarzte einen Assistenten beizugeben, welcher fort-
laufend bestimmte Geschäfte aus dem gerichtsärztlichen Geschäfts-
Bereiche stellvertretend, auch wenn der Gerichtsarzt nicht legal
verhindert ist, verrichten oder nach freier Disposition des
Gerichtsarztes in einzelnen Fällen die gerichtsärztliche Funktion
übernehmen soll. Vielmehr haben die k. Regierungen da, wo
die Aufstellung solcher Assistenten zur Unterstützung der Gerichts-
ärzte auch außer den Fällen legaler Verhinderung als geboten
erscheint, hierüber wohl motivirte Vorlage zu machen und hier-
nach weitere Verfügung zu gewärtigen.
München, 30. Januar 1858.
Auf Seiner Königl. Majestät Allerhhchsten Befehl.
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