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werke, Wasserleitungen usw.). Aber auch eine Besteuerung
von Stiftungen und sonstigen juristischen Personen, soweit
sie nicht dem öffentlichen Interesse dienen, ist hiernach inner-
lich gerechtfertigt.
Zu allerletzt sei noch ein Grund erwähnt, der für die
Besteuerung der Gemeinden durch den Staat geltend ge-
macht wird.
Es gibt gewiß viele Gemeinden, die anderen gegenüber
durch großen Reichtum an Wäldern, Grundbesitz, gewerblichen
Unternehmungen wie Gasanstalten usw. bevorzugt sind. Mit
Rücksicht auf solche Begünstigung scheint es im Interesse „‚ge-
rechten Opferausgleichs“ zu liegen, die Gemeinden entsprechend
ihren privatwirtschaftlichen Einkünften zur Steuer heranzu-
ziehen. Mit dieser Argumentation hat man namentlich in Sach-
sen seiner Zeit die Besteuerung der Gemeinden zu motivieren
gesucht.!) — —
Indessen könnte die durch die Besteuerung der Erwerbs-
gesellschaften begründete Doppelbesteuerung der Mitglieder
unter Umständen Unbilligkeiten zur Folge haben. Deshalb hat
man nach Mitteln zur Milderung jener Doppelbesteue-
rung gesucht. So ist in Preußen und Baden der Abzug von
31/,% bzw. 3% des Aktienkapitals vom steuerbaren Einkom-
men der Gesellschaft gestattet, nachdem andererseits alles
1) „Nicht Prinzipienreiterei‘“ -- so führte der Referent der Deputation
der II. Kammer aus (s. Gensel in Hirths Annalen 1874 S. 1442) — ‚ist es
gewesen, was die Deputation veranlaßt hat, die Gemeinden und die übrigen
juristischen Personen überhaupt zur Besteuerung heranzuziehen. Prinzipiell
läßt sich allerdings über die Frage streiten, ob juristische Personen wie
physische zu beliandeln seien, und ich bekenne, ich stehe auf dem Stand-
punkte, daß, wenn in dem Gesetze nichts darüber gesagt wäre, dann die
juristischen Personen befreit sein würden. Man muß zugeben, daß von
einem Einkommen in dem Sinne, wie es ein Privatmann bezieht, bei einer
juristischen Person nieht wohl die Rede sein kann, die juristische Person
als solche hat von ihrem Einkommen gar keinen Genuß, sondern lediglich
zum Besten von physischen Personen wird dieses Einkommen verwendet.
Wollte man sich nun auf diesen Standpunkt stellen, dann würde man aller-
dings auch die Aktiengesellschaften frei lassen müssen. Denn das ist freilich
keine Frage, eine Doppelbesteuerung tritt ein, wenn man eine Aktiengesell-
schaft für ihren Reingewinn und die Aktionäre für die Dividende besteuert,
die sie aus dem Reingewinn beziehen. Also vom prinzipiellen Standpunkte
aus läßt sich wohl über die Sache streiten; aber die Gesichtspunkte, welche
die Deputation geleitet haben, waren rein praktische. Es haben viele Ge-
meinden ein sehr bedeutendes Vermögen in Wäldern, in sonstigem Grund-
besitz, in Gasanstalten u. dgl. m. Aus allem diesen Besitz und diesen ge-
werblichen Unternehmungen haben die Gemeinden bis jetzt Grundsteuer und
Gewerbesteuer bezahlt, und es fragt sich also, sollen wir nunmehr, da wir
im Begriffe sind, eine Einkommensteuer einzuführen und dadurch die be-
stehenden Steuern zunächst zum Teil zu ersetzen, sollen wir da die Ge-
meinden bei der Einkommensteuer vollständig frei lassen? Und da glaubte
die Deputation, daß es bei den ärmeren Gemeinden im Lande einen üblen
Eindruck machen würde, wenn wir die vielen reichen Gemeinden wegen
dieses Besitzes vollständig frei lassen wollten.“