102
zugerechnet ist, was zur Schuldentilgung, Geschäftserweite-
rung, Bildung von Reservefonds usw. verwendet worden ist.
Dieser Weg, daß nämlich die Erwerbsgesellschaften erst für
das ein gewisses Niveau überschreitende Einkommen steuer-
pflichtig sind, dürfte wohl dem Ziele einer modernen Steuer-
politik am meisten entsprechen. Für Gemeinden, sowie für
kleine Staatsgebiete kann sogar die volle Doppelbesteue-
rung, also ohne Abzug einer gewissen Quote des Aktienkapi-
tals vom steuerbaren Einkommen, ganz geboten erscheinen.
Denn in kleinen Gemeinwesen ist in sehr vielen Fällen nicht
dem Grundsatze ‚„tunlichsten Opferausgleichs“, sondern jenem
anderen Rechnung zu tragen, der „gerechten Entgelt“ oder
„gerechten Interessenausgleich“ verlangt.
Hierzu kommt noch, daß bei kleinen Gemeinwesen es ganz
besonders geboten erscheint, alle in ihren Bezirken entstehen-
den Steuerkräfte zur Steuer heranzuziehen. Denn kleine
Gemeinwesen müssen leben, existieren können. Man denke
hier nur an die Möglichkeit, daß in einer Gemeinde oder einem
kleinen Staate wie z. B. Hamburg mehrere große Aktiengesell-
schaften bestehen, deren Aktionäre zum größten Teile aus-
wärts wohnen, so daß letztere selbst nicht von jenem Gemein-
wesen zur Steuer herangezogen werden können, obwohl sie an
den die Straßen, Schulen, Armen- und Krankenanstalten usw.
der bezüglichen Gemeinde oder des bezüglichen Staates erheb-
lich belastenden Aktienunternehmungen beteiligt sind. Nament-
lich unter diesem Gesichtspunkte ist denn nicht nur das in
Preußen für die Gemeindebesteuerung bestehende Verfahren
des Nichtabzugs von 31/,%0, sondern auch das Vorgehen Ham-
burgs!) auf dem Gebiete der Staatsbesteuerung, wonach den
Aktiengesellschaften u. dgl. ebenfalls kein Abzug vom steuer-
baren Einkommen gewährt wird, wohl gerechtfertigt.
In Sachsen werden nach dem Gesetze von 1900 zur Mil-
derung jener Doppelbesteuerung nur die unter die Mitglieder
verteilten Überschüsse besteuert, während vordem auch noch
die zur Schuldentilgung, Bildung von Reservefonds usw. ver-
wendeten Einkünfte bei den Gesellschaften mitbelastet wurden.
Indessen ist wohl dieses Verfahren weniger empfehlenswert
als das preußische. Denn es spricht gerade, wie bereits be-
tont, für die Besteuerung jener Gesellschaften, daß nur so
auch die nicht zur Verwendung an die Mitglieder gelangenden,
sondern zur Geschäftsausdehnung, Schuldentilgung usw. ver-
wendeten Einkünfte derselben erfaßt werden können.
Den bisher geschilderten Lichtseiten einer sogen. Ein-
kommensbesteuerung der juristischen Personen, namentlich der
1) Vgl. das Hamburger Einkommensteuergesetz vom 22. Tebr. 1895;
auch die Begründung des Gesetzentwurfs nebst Ausschußberichten im Fin.-
Arch. Bd. 16 S. 868 ff.