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herrscht seit jeher in der Wissenschaft Streit. Es kann hier
natürlich nicht auf die verschiedenen aufgestellten Begriffs-
bestimmungen von Einkommen eingegangen werden. Es kann
sich hier vielmehr nur darum handeln, diejenige Auffassung des
Einkommens zum Ausgangspunkte unserer Betrachtung zu
wählen, die nach dem gegenwärtigen Stande unserer Erkenntnis
dem Interesse der Finanzwissenschaft am meisten entspricht.
Hiernach aber ist Einkommen, wie bereits erörtert: „Der In-
begriff derjenigen Güter, geldwerten Leistungen i. e. S. und
Nutzungen fremder Sachen, welche als regelmäßiges Ergebnis
dauernder Bezugsquellen in gewisser Zeit jemand derart zuteil
werden, daß er darüber im eigenen Interesse verfügen kann.“ Für
manche Zwecke, wie insbesondere auch in der Finanzwissen-
schaft reicht indessen die gegebene Begriffsbestimmung nicht
ganz aus. Denn wie sollen von einem Inbegriff von Gütern
z. B. 100 M. Schuldzinsen abgezogen werden? Hieraus ergibt
sich, daß die Summe von Gütern usw. auf eine einheitliche
Basis zu bringen sind, und diese ist im Werte gegeben. Hier-
nach versteht man also unter Einkommen: den Wert jenes In-
begriffs von Gütern usw.
Nun bildet aber nicht dieses Einkommen, das man als Roh-
einkommen bezeichnet, sondern das Reineinkommen den Gegen-
stand der allgemeinen Einkommensteuer. Um dieses zu erhalten,
muß der Wert der zur Fortführung des Geschäftes in bisherigem
Umfange notwendigen Produktionskosten (einschließlich bezüg-
licher Kapitalabschreibungen usw.), sowie der vom Empfänger.
zu zahlenden Schuldzinsen vom Roheinkommen in Abzug ge-
bracht werden.
Die Aufgabe ist nun, zu untersuchen, ob bzw. inwieweit
die sächsische Gesetzgebung den hier aufgestellten Einkom-
mensbegriff der Besteuerung zugrunde gelegt hat.
Wie im preußischen ist auch im sächsischen Einkommen-
Steuergesetz von einer eigentlichen Definition des Einkommens
Abstand genommen worden. Das Gesetz beschränkt sich viel-
mehr darauf, allgemeine Grundsätze für die Feststellung des
steuerpflichtigen Einkommens aufzustellen und diese durch be-
sondere Vorschriften, welche nach den einzelnen Einkommens-
quellen die als Einkommen erscheinenden Erträge näher be-
zeichnen, zu vervollständigen.
. Nach dem sächsischen Gesetze gilt hiernach als Roh-
einkommen: ‚die Summe aller in Geld oder Geldeswert be-
stehenden Einnahmen der einzelnen Beitragspflichtigen mit
Einschluß des Mietwertes der Wohnung im eigenen Hause oder
sonstiger freier Wohnung, sowie des Wertes der zum Haus-
halte verbrauchten Erzeugnisse der eigenen Wirtschaft und
des eigenen Gewerbebetriebes“ (8 15, Ziff. 1).
Das Merkmal einer dauernden Bezugsquelle kommt im