-- 115 - -
in Betracht kommen. Hat z. B. jemand vor 3 Jahren einen
Geschäftsgewinn von Mk. 30000 —, vor 2 Jahren einen solchen
von nur Mk. 3000 —, im letzten Jahre dagegen einen Verlust
von Mk. 10000 — gehabt, so wird er — da Verlust unberück-
sichtigt bleibt — nach dem Durchschnittsergebnis von
Mk. 11000 — besteuert. Daß diese Besteuerung aber nicht
der gegenwärtigen Leistungs- und Steuerfähigkeit des Pflich-
tigen entspricht, bedarf keiner weiteren Ausführung. Hierzu
kommt noch der weitere Übelstand des dreijährigen Durch-
schnittes, daß den Steuerpflichtigen die Begründung von Rekla-
mationen erschwert wird.
Wenn man endlich noch erwägt, daß der jener Durch-
schnittsberechnung nachgerühmte Vorzug größerer Stetigkeit
der Veranlagungen für Sachsen schon deshalb von geringerer
Bedeutung ist, weil nunmehr auch hier eine Vermögenssteuer
erhoben wird, deren Erträge an sich von mehr ständiger Natur
sind, so dürfte es sich wohl empfehlen, jene dreijährige Durch-
schnittsberechnung aufzugeben und statt dessen die Einkom-
mensberechnung in Übereinstimmung mit Fuisting einfach an
die Ergebnisse des dem Steuerjahre unmittelbar vorausge-
gangenen Jahres zu knüpfen.
Die bisher erörterten Mängel, die sich aus jener dreijährigen Durch-
schnittsannahme ergeben, veranlaßten denn auch die sächsische Regierung,
in dem Gesetzentwurf, betreffend Abänderungen des Einkommensteuer-
gesetzes vom 30. Dezember 1899, diese Einrichtung fallen zu lassen. „Zur
Annahme des dreijährigen Durchschnitts“ — so heißt es in jenem Ent-
wurf — „hat namentlich die Erwägung geführt, daß dadurch der Einkommen-
steuer bei denjenigen lEinkommensquellen, deren Trträgnisse größeren
Schwankungen ausgesetzt sind, mehr Stetigkeit verliehen und der Staat
daher mit größerer Sicherheit selbst in Zeiten wirtschaftlichen Niedergangs
vor plötzlichen Steuerausfällen geschützt werde. Nicht zu verwundern ist
es, daß man vor 25 Jahren, als es galt, das Ertragssteuersystem in der
Hauptsache zu verlassen und die Deckung des Staatsbedarfs auf das Ein-
kommensteuersystem zu gründen, an das letztere mit gewissen Besorgnissen
herantrat, zumal es allenthalben noch an genügenden Erfahrungen über die
Entwieklungsfühigkeit einer modern konstruierten Einkommensteuer, sowie
darüber mangelte, in welchem Grade sie sich zur Lieferung der für die
Bestreitung der Staatsbedürfnisse nötigen Mittel dauernd als geeignet er-
weisen könne. Aus diesem Grunde suchte man nach Mitteln zur Ab-
schwächung der in der Einführung der Einkommensteuer vermeintlich liegen-
‚len Gefahr für die Sicherheit der Staatsfinanzen und gelangte so dazu, die
Besteuerung bei den hauptsächlichsten Erwerbsquellen auf den dreijährigen
Durehschnitt zu gründen. Es geschah dies, obschon man sich nicht ver-
hehlen konnte, daß man damit gegen den obersten Grundsatz einer ratio-
nellen Steuerpolitik verstieß, welcher darin besteht, daß man eine Steuer
möglichst wenig fühlbar und drückend machen soll. Ist es nun gerade als
ein besonderer Vorzug der Einkommensteuer zu betrachten, daß bei ihr die
Besteuerung ihrem Maße nach der Höhe des Einkommens folgt und dem
ın diesem zur Erscheinung kommenden Grade der Leistungsfühigkeit sich
anschmiegt, so leuchtet doch ein, daß dieser Vorzug derselben nur dann
Ausreichend zur Geltung gebracht werden kann, wenn man die Steuerleistung
tunlichst nahe an den tatsächlichen Bezug eines gewissen Einkommens
heranbringt. Hiervon entfernt man sich aber, wenn man die Steuer nicht
nach dem wirklichen Einkommen eines Jahres bemißt, sondern nach einem
S+