Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

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rechnen, und die Bestimmung über die Zahl der zur Erhebung 
zu bringenden Simpla war dem Finanzgesetze vorbehalten. Es 
betrug z. B. der einfache Steuersatz bei Einkommen bis 500. M. 
(1. Steuerklasse): 10 Pf., bei Einkommen über 500—600 M.: 
15 Pf. Der tatsächlich aufzubringende Steuerbetrag wurde 
nun durch Vervielfachung der einfachen Sätze gefunden. 
Das Gesetz von 1878 führte feste Steuersätze (Normal- 
sätze) ein. „Geschehen ist dies“, — so führte die Regierung 
aus — „abgesehen von dem Vorteile, welchen feste Steuersätze 
für die Einschätzung, namentlich der untersten Klassen bieten, 
hauptsächlich aus dem Grunde, weil es sowohl für die Regierung 
von Wert ist, wenn sie mit einem Steuereinkommen von einer 
gewissen Höhe als dem Ordinarium rechnen kann, als auch 
dem Steuerpflichtigen von Interesse sein muß, sich ein klares 
Bild darüber machen zu können, wieviel seine regelmäßige 
Steuerleistung beträgt. Andererseits ist die vorgeschlagene 
Modalität der Steuerfestsetzung vollkommen unbedenklich, weil 
sie die Beweglichkeit der Einkommensteuer in keiner Weise 
beeinträchtigt, indem sowohl die Erhebung von Zuschlägen, 
mit welchen ein das Ordinarium übersteigender Staatsbedarf 
aufzubringen sein würde, wie ein Nachlaß am Ordinarium, wenn 
die Finanzlage einen solchen gestattet, ohne die geringste 
Schwierigkeit erfolgen kann“ (Dekret Nr. 38 vom 29. November 
1877, 8. 21). — 
Wie in anderen Ländern, so hat auch in Sachsen die Pro- 
gression in der allgemeinen Einkommensteuer von Anfang 
an gesiegt.!) Freilich ist dies nicht ohne harten Kampf ge- 
1) Die Progression in der allgemeinen Einkommensteuer in Sachsen 
hat man namentlich vom Standpunkte des „Opferausgleichs“ zu recht- 
fertigen gesucht. Man führte folgendes aus (s. Gensel in Hirths Annalen, 
Jahrg. 1874, S. 1447): 
„1. Eine steigende Skala ist notwendig, um eine gleichmäßige Be- 
lastung der Steuerpflichtigen herbeizuführen; denn ein reines Einkommen, 
welches zur Bestreitung des niedrigsten Maßes der Bedürfnisse menschen- 
würdigen Daseins knapp hinreicht, wird durch ein prozentweise gleiches 
Opfer härter betroffen als ein reines Einkommen, womit man diese Bedürf- 
nisse, soweit sie auch innerhalb der Grenzen des Vernünftigen und sittlich 
Gerechtfertigten ausgedehnt werden, reichlich befriedigen kann, oder welches 
sogar dann noch einen Überschuß lüßt. 
2. Die Progression ist um so notwendiger, wenn, wie es bei uns der 
Fall, die niederen Klassen der Bevölkerung durch die indirekten Steuern 
ungleich stürker belastet werden als die höheren. Der Abzug eines so- 
genannten lixistenzminimums von jedem Einkommen ist weder an sich 
zweckmäßig, noch zur Ausgleichung dieses Unterschiedes hinreichend. 
3. Die obere Grenze der steigenden Skala ist Lei derjenigen Höhe des 
Einkommens zu suchen, von welcher ab, nach einem im großen und ganzen 
zu fassenden Durchschnitte, der überschießende Betrag nur entweder zu 
Überflüssigem verwendet oder regelmäßig kapitalisiert wird; denn von da 
ab belastet die höheren Stufen ein gleicher Prozentsatz gleich stark oder 
gleich wenig. 
4. Für das Maß der Progression ist festzuhalten, daß sie einerseits
	        
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