Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

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Hinterziehungen, Strafen und Nachzahlungen gilt ähnliches wie 
bei der Einkommensteuer (8 42ff.). Die Erhebung der Steuer- 
beträge liegt den Gemeinden ob (8 48). Gemeinden und andere 
Korporationen des öffentlichen Rechts dürfen zur Deckung ihres 
Bedarfs keine Zuschläge zur Ergänzungssteuer erheben ($ 50). 
Ein Rückblick zeigt, in welchem innigen Zusammenhang 
die Entwicklung des sächsischen Staatssteuerwesens mit der- 
jenigen der staatlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhält- 
nisse unseres Königreichs steht. 
Erst nachdem die verschiedenen, staatsrechtlich mehr oder 
weniger voneinander abweichenden Territorialgebiete Sachsens 
auf Grund der Verfassung von 1831 zu einer wirklichen Staats- 
einheit zusammengeschweißt waren, begann ein neues poli- 
tisches Leben zu pulsieren. Aus dem Steuerwirrwarr erstand 
eine einheitliche Steuerverfassung für das ganze Staatsgebiet. 
An die Stelle der verschiedenen zahlreichen Steuerarten in den 
einzelnen Gebietsteilen traten die Gewerbe- und Personalsteuer 
von 1834 und die Grundsteuer von 1843 — ihrer Art nach Er- 
tragssteuern. Veranlaßt wurde diese Steuerreform mit durch 
die Gründung des Zollvereins. 
Indessen genügte bald die Steuerreform der 1830er und 
1840er Jahre den veränderten Anforderungen des Staats- und 
Wirtschaftslebens nicht mehr. Die Entwicklung der wirtschaft- 
lichen Verhältnisse, insbesondere der gewaltige Aufschwung 
von Handel und Industrie seit den 1860er und 1870er Jahren 
führten mit Notwendigkeit zum Siege der persönlichen Steuern 
über die Objekt-(Ertrags)-Steuern, zur Einführung der allge- 
meinen Einkommensteuer (1874/78). Diese wurde nun die 
Hauptsteuer und gleichsam das Rückgrat des sächsischen Staats- 
haushaltes. Die bisherige mangelhafte Gewerbe- und Personal- 
steuer wurde, als überflüssig, beseitigt, dagegen beließ man dem 
Staate einen Teil der Grundsteuer — der Normalsatz pro Steuer- 
einheit wurde von 9 auf 4 Pf. herabgesetzt — als Sonderbe- 
lastung des Grund und Bodens (einschließlich Gebäuden). Ent- 
scheidend für die Beibehaltung jener restlichen Ertragssteuer 
war wohl der Umstand, daß die Grundsteuer zum größten Teile 
schon einen reallastartigen Charakter angenommen hatte, so 
daß ihre gänzliche Aufhebung ein unbilliges Geschenk für die 
damaligen Grundbesitzer auf Kosten der anderen Steuerzahler 
gewesen wäre. — Seit 1886 wurde die Hälfte des Bruttoertrags 
der Grundsteuer den Schulgemeinden überlassen. 
Mit der Einführung der allgemeinen Einkommensteuer trat 
Sachsen an die Spitze der Steuerreformbewegung in Deutschland 
und hat bald die eifrige Nachfolge anderer deutscher Staaten ge- 
funden. Der vom Norden ausgehende Siegeszug der allgemeinen 
Einkommensteuer, der schon in einem dem Verein für Sozial-
	        
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