Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Aus den Jahren 1850 bis 1866 91 
Um 3¼ Uhr fuhr ich nach dem Palast, um Prinz Albert meinen 
Abschiedsbesuch zu machen. Wie immer, geschah dies im gewöhnlichen 
Morgenanzug, ohne Uniform, Stern u. s. w. Ich wurde in seine Bibliothek 
geführt, wo ich in einem in Wien gearbeiteten Glasschrank viele deutsche 
Bücher, Kupferwerke u. s. w. sah. Er zeigte mir sogleich die Karte des 
Kriegsschauplatzes, mißbilligte den Angriff der Oesterreicher, behauptete, 
die Oesterreicher hätten, wenn sie überhaupt angreifen wollten, im Dreieck. 
mit der Spitze voran, vorgehen und die beiden Seiten des Dreiecks dann 
auseinander legen sollen. Er kam dann nochmals auf die ganze österreichische 
Politik zu sprechen, sagte, die Sommation an Sardinien sei ohne Wisser- 
des Grafen Buol unter dem Einflusse von Grünne und Windischgrätz 
erfolgt. Letzteres zog ich entschieden in Zweifel. Dann zog er gegen die 
demokratische Desorganisation des Ministers Bach los, was ich gern zu- 
gestand, endlich erzählte er, Oesterreich habe geglaubt, wenn es den Krieg 
anfange, werde Deutschland gezwungen sein, mit loszuschlagen, eine 
Revolution sei von Oesterreich in München vorbereitet worden. Dann 
erwähnte er das Gerücht, Napoleon wolle dem Kaiser von Oesterreich 
direkt Friedensvorschläge machen, und schließlich sagte er mir Lebewohl, 
indem er zu dem Kampfe in Deutschland alles Glück wünschte. Er schien 
aber nicht zu glauben, daß es dazu kommen werde. Der Prinz von 
Wales erschien, um zu sagen, daß die Königin im Wagen warte, worauf 
beide eilig fortgingen. Ich wanderte nun langsam durch Regent-Park 
nach Piccadilly zurück, besorgte einige Kommissionen und fuhr abends zu 
Apponyi, wo ich zu Mittag aß und von wo ich mit Graf Chotek nach 
dem Olympiatheater ging, wo einige komische Stücke in großer Vollkommen= 
heit aufgeführt wurden. Beim Herausgehen aus dem Theater fanden wir 
einen Gewitterregen, der uns nötigte, in einem Cab nach Hause zu fahren. 
Dienstag Morgen den 18. besuchte ich einen alten Bekannten, den ich seir 
19 Jahren nicht gesehen hatte, Mister Cauvin. Er freute sich, nach 
langer Zeit seine Jugenderinnerungen an Göttingen und Corvey wieder 
auffrischen zu können. Da er ein Literat ist und die öffentliche Meinung 
in England genau kennt, so fragte ich ihn über die Absichten der eng- 
lischen Regierung, über die Stimmung u. s. w. Ich fragte ihn ins- 
besondere, ob man nicht fürchte, daß, wenn Napoleon Oesterreich und 
Deutschland geschlagen habe, er sich gegen England wenden werde. Er 
erwiderte mir, das englische Volk sei im vergangenen Winter gegen 
Napoleon gewesen, jetzt habe sich die Stimmung ihm zugewandt. Dies 
habe in zwei Ursachen seinen Grund. Erstens in der Teilnahme der 
Engländer an der angeblichen Befreiung Italiens, für welche sich der 
englische Philister gern begeistere, dann aber in dem Beifalle, den der 
Erfolg immer erringe. Außerdem glaube man sich stark und reich genug.
	        
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