Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

92 Aus den Jahren 1850 bis 1866 
um Napoleon zu jeder Zeit entgegenzutreten, wenn es ihm einfallen sollte, 
England anzugreifen. „Wir haben,“ sagte er, „kein System in der Politik, 
wir leben von der Hand in den Mund.“ Cauvin begleitete mich noch 
auf einigen Touren in der Stadt und verließ mich dann, als ich um 
5 Uhr zum Essen ging. Nach Tisch fuhr ich sogleich auf den Bahnhof 
und kam um 11 Uhr nach Dover, wo das Dampfschiff sogleich nach 
Ostende abging. 
Dialogue royal.) 
Der König. Sie haben mich allein zu sprechen gewünscht, lieber 
Fürst! 
Ich. Ich sage Eurer Majestät vor allem meinen untertänigsten Dank 
dafür, daß Sie geruht haben, mich allein zu empfangen. Um so mehr, 
als ich kein eigentliches petitum habe. Ich habe nur Gelegenheit haben 
wollen, Eurer Majestät meine untertänigsten Dienste anzubieten. Ich 
hätte schon längst gewünscht, Gelegenheit zu haben, Eurer Majestät die 
Gesinnungen der Treue und Anhänglichkeit durch die Tat zu beweisen. 
Jetzt bei dem Tode des Grafen Lerchenfeld 2) ist mir der Gedanke ge- 
kommen, ob nicht für mich die Möglichkeit gegeben wäre, in den könig- 
lichen Dienst einzutreten. Wenn Eure Maojestät die Gnade hätten, mich 
zu verwenden, so weiß ich, daß ich durch Vermögen und Stellung in 
der Lage wäre, den bayrischen Namen würdig zu vertreten und die bay- 
rische Fahne mit Energie und Entschiedenheit aufzupflanzen. 
Der König. Diese Gesinnungen sind mir sehr erfreulich. Ich freue 
mich um so mehr darüber, als ich früher daran gezweifelt habe. 
(Ce W’était pas tout à fait cela, c'’était plus poli, mais le fond 
était Ie méme.) 
Wir sind aber alle jung gewesen, und die Erfahrung ändert manches, 
Verzeihen Sie, daß ich Ihnen das so offen sage. 
Ich. Eure Majestät wollen ohne Zweifel von meiner Reichsgesandt- 
schaft reden. Indessen erlaube ich mir zu bemerken, daß damals der Erz- 
herzog Johann mich besonders ausgewählt hat, um auch einen Bayern 
in die Diplomatie der Zentralgewalt aufzunehmen. Es war dies die 
Hauptabsicht bei meiner Ernennung, und der Erzherzog wünschte sogar, 
daß ich meinen Weg über München nehmen sollte, um dies Eurer Majestät 
  
1) Die Niederschrift der Unterredung mit König Maximilian II. ist für die 
Fürstin aufgesetzt, daher die Zwischenbemerkungen in französischer Sprache. 
2) Graf Max Joseph von Lerchenfeld, bayrischer Gesandter in Wien, war am 
3. November 1859 gestorben. Die Unterredung wird also im November 1859 statt- 
gefunden haben.
	        
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