Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

108 Aus den Jahren 1850 bis 1866 
hältnisse, welche den Bundesbeschluß von 1852 provoziert haben. Ich 
teile vollkommen die ausgesprochene Hoffnung, daß wir nie in eine ähn- 
liche Lage versetzt werden können; aber es handelt sich hier nicht um 
Hoffen oder Glauben, sondern um Rechtsprinzipien und Rechtsfragen, und 
in dieser Beziehung können wir nicht positiv genug sein. Ist aber eine 
Gefahr oder Gefährdung der bayrischen Verfassung aus dem Bundes- 
beschluß abzuleiten, so dürfte damit auch die Kompetenz der Kammern, 
sich mit der Beratung dieses Beschlusses zu befassen, gegeben sein, und es 
wird sich darum handeln, welche Mittel angewendet werden müssen, um 
einer solchen Gefährde entgegenzutreten. Es handelt sich um Aufrecht- 
erhaltung der Staatsverfassung. Ich beziehe mich mit dem Herrn Referenten 
auf den § 25 Titel VII der Verfassungsurkunde; durch diesen Paragraphen 
wird der Eid normiert, welchen die Stände zur Aufrechterhaltung der 
Staatsverfassung schwören. In diesem Eide liegt aber nicht bloß die Ver- 
pflichtung, nichts zu tun, was der Staatsverfassung zuwiderläuft, sondern 
auch die Pflicht und das Recht, darüber zu wachen, daß die Staats- 
verfassung von allen Seiten respektiert werde. Bei wirklichen Verfassungs- 
verletzungen sind den Ständen die Wege vorgezeichnet. Es sind dies die 
Anklage und die Beschwerde. Von diesen kann hier nicht die Rede sein. 
Hier handelt es sich um eine mittelbare Verfassungsverletzung, als 
welche die Gefährde der Verfassung anerkannt werden muß. Die bayrische 
Regierung hat zu dieser Gefährde beigetragen, und deshalb ist eine Ver- 
wahrung und eine Bitte an die Krone jedenfalls berechtigt. 
Man hat zwar die Opportunität dieses Antrags bestritten und be- 
hauptet, es sei gar nicht nötig, eine Verwahrung auszusprechen .. . Ich 
teile nun vollkommen das Vertrauen in den guten Willen der Staats- 
regierung und der derzeitigen Herren Minister, nie etwas unternehmen zu 
wollen, was der Staatsverfassung entgegen ist. Ich habe aber nachzu- 
weisen versucht, daß es hier nicht allein auf den Willen der Regierung 
ankommt, ich glaube ferner, daß der Wille der Regierung nicht ausreicht 
und daß er unterstützt werden muß durch eine Verwahrung von seiten 
der Kammer. Auch würde die Hinweisung auf die guten Absichten der 
Staatsregierung nur dann begründet sein, wenn positive Belege dafür 
vorhanden wären, daß sie sich von dem Bundesbeschluß und den dem- 
selben zugrunde liegenden Prinzipien lossage. 
Welche Erklärung hat aber der Königliche Staatsminister abgegeben? 
Ich habe die Aeußerung des Herrn Staatsministers in der Kammer 
der Abgeordneten nachgelesen und habe im allgemeinen gefunden, daß der- 
selbe die Berechtigung des Bundes, den Beschluß vom Jahre 1852 in der 
Art und Weise zu fassen, wie er wirklich gefaßt worden ist, vollkommen 
anerkennt. Denn Seine Exzellenz der Herr Staatsminister sagen:
	        
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