110 Aus den Jahren 1850 bis 1866
In einer Zeit aber, wo, wie ein Redner der Kammer der Abgeordneten
sagt, die Revolution das „fait accompli“ auf ihr Banner schreibt, ist es
notwendig, daß die konservativen Elemente des Staatslebens das Recht
auf ihr Banner schreiben und dieses Banner hoch erheben. Ich fordere
Sie auf, meine hohen Herren, zu zeigen, daß Sie wirklich eine konser-
vative Versammlung sind, indem Sie das Recht unabhängig von politischen
Rücksichten aufrechterhalten. Ich bitte Sie, meinem Antrage zuzustimmen.
Bei der Abstimmung wurde der Antrag des Fürsten mit 29 gegen
8 Stimmen abgelehnt. Mit dem Fürsten stimmten Graf von Giech, Graf
Fugger-Hoheneck, Graf zu Pappenheim, Präsident von Harleß, Freiherr
von Franckenstein, Graf von Holnstein und Herr von Heintz.
Bekanntlich wurde die hessische Verfassungsfrage im Jahre 1862 im
Sinne des von dem Fürsten Hohenlohe vertretenen Rechtsstandpunkts ent-
schieden. Am 8. März 1862 stellten Oesterreich und Preußen den gemein-
samen Antrag beim Bundestage, die hessische Regierung aufzufordern, die
geeigneten Schritte zu tun, damit die im Jahre 1852 außer Wirksamkeit
gesetzte Verfassung von 1831 vorbehaltlich derjenigen zunächst auf ver-
fassungsmäßigem Wege zu vereinbarenden Abänderungen, welche zur Her-
stellung der Uebereinstimmung mit den Bundesgesetzen erforderlich seien,
wieder in Wirksamkeit trete. Am 24. Mai nahm der Bundestag den
preußisch-österreichischen Antrag an, am 26. Mai fiel das reaktionäre
Ministerium in Kassel und am 22. Juni 1862 wurde die hessische Ver-
fassung von 1831 wiederhergestellt.
Der Fürst hatte im Beginne des Jahres 1861 in einer Korrespon-
denz mit seinem Bruder die Frage erwogen, ob ihm als dem Besitzer des
von Friedrich Wilhelm IV. bestätigten zweiten Familienfideikommisses
Ratibor-Corvey, nämlich der Herrschaft Treffurt, ein Sitz im preußischen
Herrenhause gebühre. Nach einem Briefe des Herzogs von Ratibor vom
14. April 1861 hatte sich der König bereit erklärt, ein Immediatgesuch
des Fürsten, betreffend dessen Eintritt in das Herrenhaus, entgegenzunehmen,
da er in dessen Eintritt „einen qualitativen Gewinn für Krone und Staat
in so schwerer Zeit“ sehen würde. Nach der Kammerverhandlung über
Kurhessen antwortete der Fürst auf diese Mitteilung:
München, 14. Mai 1861.
.. . Was die obenerwähnte Angelegenheit betrifft, so will ich Dir
ganz offen sagen, daß ich mich in einer eigentümlichen Verlegenheit befinde.
Ich wünsche allerdings in das Herrenhaus aufgenommen zu werden.
Allein ich kenne die hiesigen Verhältnisse und Stimmungen zu genau, um
nicht zu wissen, daß mir ein direkter Schritt, der darauf abzielt, sehr übel-
genommen werden würde. Ich habe mir die spezifisch bayrische Partei,