126 Aus den Jahren 1850 bis 1866
nur darum handle, seine Stellung gegenüber Deutschland und seinen Ein-
fluß auf ein bestimmtes Maß zu reduzieren und seine Stellung innerhalb
der Möglichkeit zu fixieren. Jetzt gehe Oesterreich von der Idee aus,
Preußen zu zerstören und sich an die Spitze des Reichs der Mitte zu
setzen. Dies sei eine unausführbare Aufgabe, da Oesterreich derselben
nicht gewachsen sei. Durch das Anregen der deutschnationalen Frage treibe
Oesterreich ein sehr gefährliches Spiel, da es die nationalen Sympathien
seiner deutschen Bevölkerung für Deutschland rege mache, für die es keine
Form gebe und worüber der Einheitsstaat zugrunde gehe. Europa werde
nie dulden, daß das protestantische Preußen zerstört werde, diese Zer-
störung sei aber die Vorbedingung der österreichischen Herrschaft in Deutsch-
land. Wenn also der Zweck, welchen enthusiastische Köpfe in Oesterreich
erreichen wollten, nicht erreichbar sei, so bleibe eine fruchtlose Agitation,
die für Oesterreich selbst von den gefährlichsten Folgen sein werde. Das
großdeutsche Programm sei ein radikales, sowie es aufhöre, ein negatives
zu sein. Mit meiner Idee, daß durch ein Parlament ohne gleichzeitige
starke Zentralregierung der Revolution ein Organ geschaffen werde, war er
einverstanden. «
Ueber meine eigne Stellung sagte er am Schlusse der Unterredung:
Bei der Thronbesteigung des jetzigen Kronprinzen werde man sich nach
einem Manne umsehen, dessen solide Stellung, Bildung und Gesinnung
für die Uebernahme des Postens des Ministerpräsidenten geeignet sei, da
wisse er nun niemand als mich, und es sei auch bereits für mich vor-
gearbeitet. Als Minister des Auswärtigen schlug er für diesen Fall Use-
dom vor. C□ch denke aber, er wird sich selbst im Auge gehabt haben,
denn Usedom ist dazu ganz ungeeignet.)
Sein Programm scheint etwas Cavourisches zu haben. Er will
Preußen auf Kosten von Oesterreich an die Spitze von Deutschland bringen.
Wenn Oesterreich zerstört wird, fallen die deutsch-österreichischen Provinzen
ohnehin an Deutschland. Das ist das fin mot des kleindeutschen Partei-
programms. Oesterreich soll, wenn einmal Kleindeutschland konstituiert
ist, das Venetien für Deutschland werden. Deshalb hat Herr Metz von
Darmstadt aus der Schule geschwätzt, als er die Oesterreicher Schmerzens-
kinder nannte. Das war verfrüht. Der Ruf wird in einiger Zeit wieder-
kommen.
Roggenbach meint, daß alle diese Versammlungen in Frankfurt, Wei-
mar u. s. w. Fiasko machen werden. Auf meinen Einwurf, daß man mich
nicht kenne, wenn ich etwa in die Lage käme, preußischer Ministerpräsident
zu werden, antwortete Roggenbach mit großer Naivität: „Wenn man einen
Braten serviert, so gibt man auch die Sauce dazu. Die liefert dann die
Presse.“