Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Aus den Jahren 1850 bis 1866 129 
Um 11 Uhr desselben Tags kam noch Hermann) zu mir und teilte 
mir mit, daß er am andern Tage eine Besprechung mit dem bei dem 
Herzog von Koburg angestellten Regierungsrat Samwer haben werde über 
die den Reichsunmittelbaren im Fürstenrat zugedachte Stimme. Er 
wünscht, daß ich auch dabeisein möchte. 
18. August. 
Infolgedessen ging ich heute Morgen zum Herzog von Koburg, 
wo ich den Herzog mit Erbach, Hermann und einigen Herren beim Früh- 
stück fand. 
Es wurde über das neue Verfassungsprojekt gesprochen, und ich erfuhr 
erst hier die Details. 
Es soll ein Bundesdirektorium aus fünf Stimmen gebildet werden. 
Eine Stimme Oesterreich, eine Preußen, eine Bayern. Die Fürsten- 
versammlung besteht aus der bisherigen Bundesversammlung. 
Den Standesherren ist ein Anteil an einer Kuriatstimme im Fürstenrat 
zugedacht. Hiergegen hat sich schon Opposition erhoben. Es handelte sich 
also bei der Beratung mit Hermann und Samwer darum, ob man darauf 
hinarbeiten solle, uns in den Bundesrat zu bringen. Wir waren aber 
der Ansicht, daß es zweckmäßiger sei, wenn wir möglichst danach trachteten, 
in den Fürstenrat zu kommen. Viel ist nicht dabei zu machen, nur würde 
dadurch das Prinzip der Ebenbürtigkeit gewahrt. Samwer meinte dies 
auch. Uebrigens glaubt er, daß die Frage des Bundesstaats durch diese 
Verfassung nicht beseitigt sei. Diese Verfassung werde nicht lange dauern 
und dann die Frage des Bundesstaats wieder auftauchen. 
Jetzt um 11 Uhr ist die Versammlung beim Kaiser, wo der Kaiser 
den Souveränen das Projekt vortragen wird. Es heißt, der König von 
Bayern werde die Antwortrede halten. Dann werden die Souveräne in 
Beratung treten, die noch einige Tage dauern wird. Man spricht davon, 
eine Fürstendeputation mit dem König von Sachsen an der Spitze nach 
Baden zu dem König von Preußen zu schicken. An einen Austritt Preußens 
aus dem Bunde glaubt man nicht, besonders wenn Hannover beitritt. 
Montag den 17. August kam ich zu dem Entschlusse, nach München 
zu gehen und Donnerstag wieder zurückzukehren, da in diesen Tagen eine 
Pause eintreten mußte. Die Fürstenversammlung hatte sich zu einem Briefe 
an den König von Preußen entschlossen. 
Nach einem Aufenthalt von einem Tage in München kam ich Donners- 
tag den 20. wieder nach Frankfurt zurück. Der König von Sachsen2) war 
  
1) Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg, der gegenwärtige Statthalter in 
Elsaß-Lothringen. 
)Welcher am 19. August mit dem Schreiben der Versammlung an den König 
von Preußen nach Baden gereist war. 
Fürst Hohenlohe, Denkwürdigkeiten. 1 9
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.