Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

4 Aus der Jugend (1819 bis 1847) 
so charakterisiert das Tagebuch die Erfurter Anfänge. 1834 rückte der 
Prinz nach Sekunda auf. Im Herbst dieses Jahres heißt es: „Ankunft 
der ganzen Familie auf dem Neuerbe. Allgemeine Krankheit.“ Am 12. No- 
vember 1834 war nämlich der Landgraf Viktor Amadeus gestorben und 
hatte seinen Allodialbesitz, das Herzogtum Ratibor in Schlesien, das Fürsten- 
tum Corvey in Westfalen und die Herrschaft Treffurt im Regierungsbezirk 
Erfurt seinen Neffen, den Prinzen Viktor und Chlodwig, hinterlassen. 
Corvey wurde seit dieser Zeit der regelmäßige Aufenthalt der Familie. 
Aus dem Sommer 1835 stammt der erste uns erhaltene Brief des 
Prinzen. Er ist auf einer Fußreise durch den Harz geschrieben und vom 
Brockenhaus, 12. Juni 1835, datiert. Der Brief schildert den Weg durch 
das „romantisch fürchterlich schöne Bodetal“ und berichtet mit Genug- 
tuung von den Ergebnissen botanischer Bemühungen. Auf dem Brocken 
hat er „Trientalis Europaea“ und „Brockenmyrthe“ gefunden. 
Die Sommerferien verlebte die Familie wieder in Corvey, von wo 
mit dem Bückeburger Hofe Verkehr gepflegt wurde. Ueber das gesellige 
Leben während der Schulzeit berichtet der folgende Brief an die Schwester 
Amalie, 1) die, anderthalb Jahre jünger als der Prinz, als dieser zum 
Jünglinge heranreifte, immer mehr seine vertraute Freundin wurde. 
Erfurt, 3. März 1836. 
.. Gestern Abend waren wir beim Kreisphysiko, wo wir uns sehr 
gut unterhalten haben, obgleich die Gesellschaft nicht sehr zahlreich war. 
Zuerst wurden Charaden aufgeführt und dann nach dem Kloavier getanzt, 
das Herr Golde spielte. Heute abend werden wir auf einige Stunden 
auf den Kasinoball gehen, da wir hin müssen, weil es schon der zweite 
ist, zu dem wir geladen sind und wir den ersten nicht besuchten 
Ketschau hat uns gestern ein sehr schönes, selbstkomponiertes Lied 
für Baßstimme mitgebracht, wir studieren es jetzt ein, und es wird Euch 
gewiß sehr gefallen. Gustels?) neues Klavier ist vortrefflich und hat, wie 
Ketschau sagt, einen besseren Ton als das in Corvey; Gustel spielt auch 
sehr eifrig darauf. 
Noch vergaß ich Dir zu schreiben, daß wir neulich in Weimar uns 
sehr gut unterhalten haben. Es wurde eine neue Oper von Auber ge- 
geben, „Die Ballnacht, mit ungeheuerm Pomp. Von der Musik weiß ich 
nichts mehr, denn der Großherzog, :) neben dem ich saß, sprach fast immer 
mit mir. Die Herrschaften in Weimar sind doch unmäßig artig. Auf 
  
1) Geboren am 31. August 1821. 
2) Der spätere Kardinal, geboren am 26. Februar 1823, welcher wie Prinz 
Pbilipp Ernst ebenfalls das Gymnasium zu Erfurt besuchte. 
3) Karl Friedrich (1828 bis 1853).
	        
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