Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Aus den Jahren 1850 bis 1866 131 
kleinen Souveräne keine Lust und kein Interesse haben und die sich Preußen, 
und insbesondere das preußische Volk und die preußische Armee, nicht 
gefallen lassen würden. Dieser Ansicht sind Oldenburg, Baden, Meiningen, 
Altenburg und andere. Darmstadt und Nassau gehen mit Oesterreich, 
ebenso Sachsen, wahrscheinlich weil der kluge Herr von Beust meint, daß 
doch nichts daraus wird. Bayern verhält sich abwartend, Württemberg 
ebenfalls zweifelhaft. Da das Reformprojekt die liberale Masse nicht 
befriedigt, so sagen sich die Souveräne: warum sollen wir unfre Selb- 
ständigkeit aufgeben, wenn wir damit nicht einmal Dank bei unsern 
Liberalen ernten? Für Oesterreich tun sie natürlich keinen Schritt trotz 
der zur Schau getragenen Sympathie. Das Wegbleiben Preußens ist den 
Herren ohne Ausnahme ein prächtiger Vorwand, nichts zu tun. Nun 
unterstützt sie der Deutsche Abgeordnetentag. Hätten diese Professoren ihr 
Interesse gekannt, sie würden das Parlament gehabt haben, auch wenn 
es nur Delegierte waren, sie hatten eine Handhabe und konnten daraus 
später machen, was die Umstände erlaubten. Statt dessen reiten diese 
Schafsköpfe auf der Reichsverfassung herum, die ihnen kein Mensch geben 
wird, und sitzen in der Luft. Ich habe mich wieder einmal überzeugt, 
daß die Deutschen für die deutsche Einheit noch nicht reif sind. Ob sie 
es je werden, weiß Gott. 
Bei Roggenbach fand ich eine Anzahl preußisch gesinnter Diplomaten, 
die die Köpfe zusammensteckten. Hier ist das Hauptquartier derer, die 
das Projekt nicht wollen, weil sie Oesterreich nicht in Deutschland wollen. 
Sie wollen reindeutsch bleiben, keine Konzession an Oesterreich. Hier 
vermischt sich der Liberalismus mit der Sorge für die Aufrechterhaltung 
der Partikularsouveränität und persönlichem Ehrgeiz. Hier wird besonders 
darauf Gewicht gelegt, daß Preußen nicht majorisiert werden dürfe. Alle 
diese Herren sind preußisch gesinnt. An sie schließen sich aber auch im 
geheimen die an, die bis jetzt noch äußerlich österreichisch waren und 
sind und die über das Gebaren der Feinde Oesterreichs, trotz äußerlicher 
Demonstrationen des Mißvergnügens, innerlich herzlich froh sind, daß 
sie den Kopf aus der österreichischen Bundesreformschlinge wieder heraus- 
ziehen können. 
Heute den 22. hatte in der Nacht um 1 Uhr Oesterreich ein Projekt 
herumgeschickt, in welchem es den Fürsten vorschlägt, die ihnen günstigsten 
Hauptpunkte in der heutigen Konferenz endgültig anzunehmen und nur 
über die Details und über Nebensachen Ministerkonferenzen beraten zu 
lassen. Darüber große Konsternation unter den kleinen Opponenten. Selbst 
der Herzog von Koburg findet, daß das zuviel sei, das könnten sich die 
Kleinen nicht gefallen lassen. Großes Herumfahren der Minister am frühen 
Morgen. Um 11 Uhr findet die Fürstenkonferenz statt. Es scheint aber,
	        
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