Aus der Jugend (1819 bis 1847) 5
nächsten Sonntag haben sie uns zum Konzert eingeladen, natürlich gehen
wir nicht hin. Auch von einem Hofball sprach der Großherzog.
Mündlich haben wir uns viel zu erzählen, und ich sehe auch mit Freuden
den Osterferien entgegen. Indem ich alles grüßen, küssen und empfehlen
lasse, bin ich Dein Dich herzlich liebender und sich freuender Chlodwig.
Im Herbst 1836 notiert das Tagebuch: „Schrecken vor dem Abi-
turienteneramen. Einsame Spazierritte.“
Auf das Gesuch des Fürsten Franz Joseph genehmigte der Minister
Altenstein durch Erlaß vom 28. April 1837, daß die Prinzen Viktor und
Chlodwig ausnahmsweise schon nach einem Besuch der Prima von etwas
mehr als einem Jahre zur Abiturientenprüfung zugelassen wurden. Ueber
den glücklichen Ausgang der Prüfung berichtet der folgende Brief an die
Schwester:
Erfurt, 1. Juni 1837.
Heute der letzte Brief aus Erfurt, vielleicht sind wir früher da als
er. Heute Morgen ist nämlich das Examen abgemacht worden. Denke
dir, von 8 bis 1 Uhr mußten wir herhalten, um auf den Zahn gefühlt
zu werden. Wir sind, wie natürlich, nicht unzufrieden mit der Beendigung
dieser Geschichte, teils weil gewiß jeder gern ein Examen im Rücken hat,
teils weil die Abreise uns mit Freude erfüllt. Wir haben das Zeugnis
noch nicht. Der Landrat Türk (Prüfungskommissar) erklärte uns aber am
Schlusse dieses Aktes für vollkommen reif. Frei sind wir jetzt auch von
Sorgen, daher auch mehr in Corvey bei Euch als hier. Es wird sehr
fleißig eingepackt und, wie man zu sagen pflegt, „rumort“. Visiten werden
wir morgen machen, ein Schock ungefähr. Es hat doch immer etwas
Wehmütiges, von Menschen sich zu trennen, mit welchen man drei Jahre
zusammen gelebt hat. Doch die Hoffnung besiegt das Unangenehme der
Gegenwart, die Hoffnung des Wiedersehens alles
Am 3. Juni fand die feierliche Entlassung der Prinzen statt. In
seiner Abschiedsrede sagte der Direktor Straß: „Es ist der Triumph des
Jahrhunderts und der Wissenschaften, daß deutsche Fürstensöhne, weit
entfernt, nur die Verdienste großer Ahnen statt eignen Werts für sich
geltend machen zu wollen, durch rastloses Streben nach eignem wahren
Wert sich ihrer Ahnen würdig zeigen und dem Neid und der Scheelsucht
jeden Vorwand rauben, ihnen die Anerkennung zu versagen, die sie mit
verstärktem Rechte fordern können. Indem sie mit jedem in die Schranken
treten, der nur durch sich selbst, durch das, was er selbst ist, Beachtung
gewinnen kann, beschämen sie nicht nur die geldstolze Trägheit, die vor-
nehm sich spreizende Leerheit, die anmaßende Unwissenheit, die sich vor-
drängende Roheit, die ränkevolle, schleichende Heuchelei, sondern erwerben
selbst einen höheren Rang unter den ihnen Ebenbürtigen.“