Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Aus den Jahren 1850 bis 1866 157 
Die Konferenzen scheinen auf Schwierigkeiten zu stoßen. Degenfeld, ) 
den ich heute traf, sagte, daß Oesterreich Bedingungen stelle, die ohne 
Zweifel die ganze Konferenz scheitern machen würden. Es scheint, man 
will in Oesterreich den Krieg um so mehr, je mehr man hört, daß in 
Preußen wenig oder keine Kriegsbegeisterung herrscht. Ich zweifle nicht 
mehr an dem Krieg. Napoleon wird sich dann schließlich mit Italien und 
Preußen verbinden, und wenn die südwestdeutschen Staaten zu viel Lärm 
machen, werden sie gemeinschaftlich von Frankreich und Preußen besetzt 
werden. Wir sind militärisch zu wenig organisiert, als daß hier auf 
großen Wiederstand zu rechnen wäre. 
Die Entlassung des Polizeidirektors Pfeufer ist verursacht durch einen 
offenen Bericht desselben an den König über die notorisch schlechte Stimmung 
der Hauptstadt. Man hat ihn, ohne ihn davon zu benachrichtigen, seines 
Amtes entsetzt und zum Regierungsdirektor in Augsburg ernannt. Der 
Minister des Innern, statt dagegen zu remonstrieren, hat sich diesen 
sultanischen Eingriff seitens des Kabinetts als echt bureaukratische Schlaf- 
mütze gefallen lassen. Solange der König durch die Erbärmlichkeit des 
Beamten= und Hofadels in seinen Einfällen unterstützt wird, so lange 
wird er fortfahren, sich als einen Halbgott anzusehen, der sich alles er- 
lauben kann, und für den die übrige, wenigstens die bayrische, Welt ge- 
schaffen ist. 
4. Juni. 
Gestern Abend erzählte mir jemand, Blome 7) sei der Chef der Kriegs- 
partei in Oesterreich und dringe um so mehr auf Krieg, als er glaube, 
jetzt sei der geeignete Moment, um die weltliche Macht des Papstes in 
ihrem früheren Umfang wiederherzustellen. Wenn die Jesuiten, unter 
deren Einfluß selbst Bismarck steht, den Krieg für ihre Interessen nötig 
erachten, dann kann uns kein Gott den Krieg abwenden. Seit ich das 
weiß, zweifle ich nicht mehr, daß es in vierzehn Tagen losgeht. 
München, 5. Juni. 
Oesterreich wird den Kongreß oder die Konferenzen nicht beschicken. 
Daraus folgern die Leute, daß der Krieg sofort ausbrechen wird, ins- 
besondere wenn es wahr wäre, daß Preußen in Wien erklären wolle, die 
Zusammenberufung der Stände in Holstein werde von Preußen als Casus 
belli angesehen werden. Infolgedessen allgemeiner Schrecken in München. 
Dagegen sagt Könneritz,) Bismarck sei in einer scheußlichen Lage, er sehe 
nun ein, daß er sich zu weit vorgewagt habe, daß die Stimmung gegen 
  
1) Württembergischer Gesandter. 
2) Der österreichische Gesandte in München. 
3) Sächsischer Gesandter.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.