Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Aus den Jahren 1850 bis 1866 159 
an Oesterreich hat sich, soviel ich gehört habe, keine Stimme erhoben. 
Diese Ungewißheit und das Schwankende der ganzen Lage veranlaßte die 
Abgeordneten zu vorsichtigen Reden. Im ganzen wurde viel Unbedeutendes 
gesagt, da niemand mit der Farbe herauswollte. 
Der Referent, Professor Edel von Würzburg, sagte ungefähr das, 
was man gewöhnlich in der „Allgemeinen Zeitung“ liest. Er war grenzenlos 
langweilig. Die Linke, Völk und Hofmann sprachen in sehr gewundenen 
Redensarten. Ein Abgeordneter der Pfalz sagte, man dürfe nicht mit 
Oesterreich und nicht mit Preußen gehen, aber auch nicht neutral bleiben, 
sondern müsse das Heer zur Disposition des deutschen Parlaments stellen, 
worauf ihm Pfordten erwiderte, er möchte ihm doch erst sagen, wo das 
deutsche Parlament zu finden sei. 
Pfordten sprach klar wie immer und stellte sich ganz auf den Stand- 
punkt des Bundesrechts. Damit wird er freilich nicht weit kommen, wenn 
der Bund durch den Krieg der beiden Großmächte zerrissen sein wird. 
Für die engere Verbindung der deutschen Mittel= und Kleinstaaten, die 
sogenannte Trias, scheint die Stimmung jetzt sehr günstig. Ob dieser 
Plan aber ernstlich durchgeführt werden wird, ist mir noch zweifelhaft. 
Die Debatten über die Geldfrage werden Ende der Woche in der 
Zweiten Kammer beginnen, dann bekommen wir diese Diskussionen in der 
Woche vom 17. zum 28. Juni. Ich werde dabei wahrscheinlich Gelegenheit 
haben, gegen das Staatspapiergeld zu sprechen. 
Der Krieg scheint jetzt unvermeidlich. Ich habe allen Grund, zu ver- 
muten, daß Napoleon mit Preußen einverstanden ist und die Sachen so 
gehen werden, wie ich es schon früher geschrieben habe. 
München, 16. Juni 1866. 
Schlag auf Schlag kommen jetzt merkwürdige Nachrichten. Erst der 
Austritt Preußens aus dem Deutschen Bund infolge der Mobilisierungs-= 
erklärung der Bundesarmee — nun heute die Nachricht von dem Einmarsch 
der Preußen in Sachsen, der Abreise des Königs Johann nach Prag und 
dem Rückzug der sächsischen Truppen über die böhmische Grenze. An 
Hannover hat Preußen eine Sommation ergehen lassen, zu entwaffnen 
oder es werde einrücken, ebenso an Kurhessen. So ist denn der Plan der 
Teilung Deutschlands so ziemlich fertig. Wir hier lassen uns schieben, 
bald von Preußen, dann wieder von Oesterreich und haben keinen festen Plan. 
Die bayrische Armee ist in keinem genügenden Zustand. Der Prinz 
Karl als Oberfeldherr ist zu alt. Die Offiziere haben kein rechtes Ver- 
trauen in die eigne Kraft. Ich glaube nicht, daß wir große Lorbeeren 
ernten werden bei der noch so guten Gesinnung der Mannschaft und trotz 
der angeborenen Rauflustigkeit der Bayern.
	        
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