Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Aus den Jahren 1850 bis 1836 161 
wieder hierher zurückkehren wird. Alvensleben bleibt noch einige Zeit hier, 
um alles in Ordnung zu bringen. 
Die verschiedensten Gerüchte werden hier verbreitet. Einen Tag sagt 
man, die Preußen seien in Hof, den andern Tag, die Oesterreicher hätten 
Görlitz mit Sturm genommen, ein Erzherzog sei geblieben u. s. w., dann 
will jemand ein Telegramm gelesen haben von jemand in der Nähe von 
Frankfurt, der dort Kanonendonner gehört habe. 
Unfre Armee ist nicht in besonderem Stand, und die Oesterreicher 
tun gut, noch Truppen zur Unterstützung nach Süddeutschland zu schicken, 
es werden in diesen Tagen Oesterreicher erwartet. 
Ich fürchte, daß jetzt der Krieg sehr lang und sehr blutig werden 
wird. Man wird sich nur nach und nach an den Krieg gewöhnen, aber 
die Gewohnheit wird kommen, und wenn die Deutschen einmal im Raufen 
sind, dann wissen sie kein Ende zu finden. 
Die Rheinpfälzer haben eine Deputation hierher geschickt, um sich zu 
beklagen, daß man sie den Franzosen preisgebe. Der Kaiser Napoleon 
lasse schon herumfragen, ob die Bevölkerung französisch werden wolle. 
Das charakterlose Volk dort, das nie eine Anhänglichkeit an irgendeinen 
Souverän und ebensowenig an Deutschland gehabt hat, wird sich leicht 
französisch machen lassen. Das empört die dortigen Patrioten, und sie 
schicken Deputationen, um zu bitten, daß man sie schütze. Wo aber eine 
Armee hernehmen, um die französischen Truppen abzuhalten? Unsre 
Truppen haben genug zu tun, um die Preußen abzuhalten, für die Pfalz 
bleibt nichts übrig. 
Heute war eine lange Reichsratssitzung, in der ich einen Antrag zur 
Garantie gegen die Nachteile des Papiergeldes einbrachte. Die Kammer und 
das Ministerium waren aber nicht damit einverstanden, und so zog ich ihn 
zurück, da meine Absicht nur darin bestand, die Frage zur Sprache zu bringen. 
Heute Abend fand ich Pfordten im Klub. Er klagte über den Krieg, 
der die Zerreißung Deutschlands zur Folge haben werde, er wiederholte: 
„Das ist das Ende von Deutschland!“ Ich glaube es jetzt fast auch. Preußen 
wird sich in Norddeutschland arrondieren als großer preußischer Staat, 
wir in Süddeutschland werden unter französischer oder österreichischer 
Protektion fortvegetieren, bis auch unfre Stunde geschlagen haben wird, 
und ein Teil an Frankreich, ein Teil an Oesterreich fallen wird. 
Baron Guttenberg kam spät auf den Klub und erzählte, die Preußen 
hätten sich in der Nähe von Hof gezeigt. Taxis 1) habe darauf schnell 
seine Truppen gesammelt und ihnen entgegengeschickt, worauf sie wieder 
über die Grenze zurückgegangen wären ohne Gefecht. Das soll richtig sein. 
  
1) General Prinz Taxis war der Schwiegervater des Freiherrn von Guttenberg. 
Fürfst Hohenlohe, Denkwürdigketiten. I 11
	        
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