166 Aus den Jahren 1850 bis 1866
Die Nachricht der vorgestrigen Schlacht zwischen Königgrätz und
Josefstadt hat ganz besonders aufgeregt.
Jemand, der nicht ohne Einfluß ist, hat die Idee gehabt, mich zum
Kultusminister in Vorschlag zu bringen, er hat mich vorher fragen lassen.
Ich habe aber gedankt, da ich erstens jetzt nicht Minister werden will,
zweitens nicht mit diesen Kollegen, und drittens nicht Kultusminister,
wo ich mich vor Intrigen aller Arten nicht mehr retten könnte. Dazu
kommt, daß das Kultusministerium die Musikanstalten unter sich hat, wo
ich dann noch das Vergnügen hätte, mit Richard Wagner u. s. w. in Konflikt
zu kommen. Ich wäre da wie verraten und verkauft.
Nachmittags 6 Uhr.
Mit Pfordten und mehreren Diplomaten zu Mittag gegessen. Pfordten
erzählte mir, daß der Vorschlag zu einem Waffenstillstand von Paris nach
Wien abgegangen sei. So sscheint also der Friede in Aussicht. Es sei denn,
daß man mit Preußen den Krieg allein fortsetzen wollte, was ich für eine
Torheit halten würde. An der Table d’hote stritt Pfordten mit Könneritz.
Ersterer behauptete, Bismarck sei ihm noch lieber als die liberale preußische
Partei, die ebensowenig Achtung vor dem Recht hätte. Rosty #1) meinte,
Oesterreich werde den Krieg mit Preußen fortsetzen, nachdem es Italien
aufgegeben habe. Allgemeine Freude ist darüber, daß die Bayern sich auch
wenigstens geschlagen haben. Die Preußen sind in Brückenau und in
Neustadt a. S. Das 8. Armeekorps des Prinzen Alexander von Hessen
läßt nichts von sich hören, und deshalb haben sich die preußischen Truppen
zwischen dem 8. und 7. Armeekorps hereingedrängt. Nun wird der
Waffenstillstand auch diesen Feldzug beendigen.
München, 7. Juli 1866.
Gestern hatte ich in Ansbach zu tun und fuhr deshalb um 6 Uhr
von hier ab. Auf dem Bahnhof begegnete mir der Redakteur der „Neuesten
Nachrichten“, der mir ein Telegramm zeigte, daß Napoleon die Bedingung
stelle, Preußen solle Böhmen verlassen, sonst werde er die Rheinprovinz
besetzen. Ich habe seitdem nichts mehr von dieser Bedingung gehört. In
Ansbach erfuhr ich, daß die Börse in Frankfurt in Friedenshoffnungen
schwelge und sich die Kurse ungeheuer gehoben hätten. In Ansbach wollte
alles einpacken. Alles fürchtete die Preußen. Die Feigheit der Menschen
ist noch größer, als ich es je gedacht habe. Was mich besonders ärgert,
ist, daß auch die Behörden den Kopf verloren hatten. Da sieht man recht
das Demoralisierende unsrer Bureaukratie. Männer gibt es nirgends,
sondern nur tintenklecksende alte Weiber. Weil ein paar hundert Kürassiere
1) Oesterreichischer Gesandtschaftssekretär.