Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

168 Aus den Jahren 1850 bis 1866 
(Dürig), der Ordonnanzoffizier des Generals Zoller war und dessen Leiche 
hierher begleitete. Dürig hat alle Gefechte mitgemacht und erzählte uns 
vieles. Die Soldaten haben sich überall sehr tüchtig geschlagen. Die 
oberste Leitung des Generalstabs und des Verpflegungswesens scheint 
viel zu wünschen zu lassen. Von Kissingen erzählte er, daß die Badegäste 
noch am Tage des Gefechts früh morgens in den Straßen umhergingen, 
bis auf einmal die erste Granate in die Straßen fiel, dann verkrochen sie 
sich in die Keller, wo mancher Badegast zugrunde gegangen sein mag. 
Zoller wurde von einer Granate getötet, die auch Dürigs Pferd tötete. 
Beide stürzten gleichzeitig. Dürig hob Zoller wieder auf, der aber tödlich 
verwundet war. Das Stück der Granate hatte ihm die rechte Seite in der 
Lebergegend weggerissen. Dürig brachte die Leiche aus dem Gefecht und 
hat sie dann mit großem Glück durch die preußische Gefechtslinie nach 
Schweinfurt gefahren, wo sie ankam, als man dort von derselben Richtung, 
aus der er herkam, die Preußen erwartete. 
Heute ist Dürig wieder nach Bamberg zurück. Ueber den Waffen- 
stillstand herrschen die verschiedensten Gerüchte. Die einen sagen, er sei 
abgeschlossen, die andern, die Verhandlungen hätten sich zerschlagen. Ich 
glaube immer, daß man sich allerseits nach Frieden sehnt und die Preußen 
nur die Verhandlungen in die Länge gezogen haben, um Zeit und viel 
Terrain zu gewinnen. Wenn der Waffenstillstand nicht zustande kommt, 
so kommen wir in die üble Lage, mit Frankreich gegen Preußen fechten zu 
müssen, eine politische Position, die ich für unehrenhaft halte. Es wird 
dann bald eine Zeit kommen, wo das deutsche Bewußtsein dagegen reagieren 
und diejenigen verdammen wird, die einen solchen Bund eingegangen haben. 
Und doch kann man uns nicht zumuten, gleichzeitig gegen Oesterreich und 
Frankreich zu kämpfen. Es gibt Lagen wie die, in der sich Bayern im 
Jahre 1805 befand, wo man zu einem undeutschen Bündnis gezwungen 
wird ohne irgendeinen Ausweg! Das Leichenbegängnis des Generals 
Zoller gestern war imposant. Ich hatte mich dem Zug angeschlossen und 
ging neben dem Kriegsminister hinter dem Prinzen Adalbert. Die Leichen- 
rede war unbedeutend. Der Pfarrer brauchte den höchst unpassenden 
Ausdruck: der Verlebte sei ein Opfer seiner Vaterlandsliebe gefallen. 
Das kann man höchstens von jemand sagen, der ermordet worden ist, 
nicht aber von einem auf dem Felde der Ehre Gefallenen. 
Die Deputierten der Stadt München haben Pfordten einen Besuch 
gemacht, um eine Aenderung des Ministeriums in betreff der Kollegen 
Pfordtens zu verlangen. 
Ich betrachte die jetzige Katastrophe mit großer Ruhe. Sie war un- 
vermeidlich, weil der Gegensatz zwischen Oesterreich und Preußen zum 
Austrag und zur Entscheidung kommen mußte; und es war besser jetzt
	        
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