178 Aus den Jahren 1850 bis 1866
mit ihm die etwaigen Aenderungen in den übrigen Ministerien. Wir
wurden darüber einig, daß Bomhard auch ausscheiden müsse, daß aber
die übrigen Minister bleiben könnten. Der Schluß der ganzen Sache
wurde aber noch vertagt, wenn Holnstein mit Neumayr gesprochen haben
würde. Dies sollte den 2. geschehen. Unterdessen ging ich auf Erkundi-
gungen aus und fand, daß eigentlich zurzeit kein Grund zu einer Minister-
veränderung gegeben sei, und daß ich auf keinen außerordentlich günstigen
Empfang in der öffentlichen Meinung würde rechnen können. Man würde
im allgemeinen wohl meinen Eintritt ins Ministerium billigen, allein ein
besonderer Wunsch besteht zurzeit nicht. Die Parteien haben sich noch
nicht organisiert, und die antipreußische Stimmung hat sich noch nicht
genügend beruhigt. Zudem kann ich mir nicht verhehlen, daß allen Mit-
teilungen Holnsteins zufolge der Wunsch des Königs, mich zum Minister
zu haben, aus seiner Passion für Wagner hervorgeht. 1) Der König erinnert
sich, daß ich einmal die Entfernung Wagners als etwas Unnötiges be-
zeichnet habe, und hofft, daß ich ihm die Rückkehr Wagners ermöglichen
würde. Ein Wagner-Ministerium zu bilden, dazu habe ich aber keine
Lust, wenn ich auch die Rückkehr Wagners später für kein besonderes
Unglück halte. Dies und die Erwägung, daß ich nach dem Beginn des
Landtags oder vielleicht unmittelbar vorher eine bessere Stellung haben
würde als jetzt, wo das Ministerium nur durch eine Hofintrige zustande
gekommen schiene, machte es mir ganz erwünscht, daß Holnstein am andern
Tage kam und sagte, daß Neumayr ganz entschieden gegen mich sei. Da
nun aber Neumayr jetzt schon dem König zuwider ist und sich nicht lange
halten wird, so wird er mir nicht lange schaden. Unterdessen wird sich
Holnstein in der Gunst des Königs zu halten suchen und meine Interessen
vertreten. Nun höre ich allerdings auch von andrer Seite, namentlich
von Dönniges?) und Umbscheiden, daß die Kammer auf meiner Seite sein
würde, wenn ich unmittelbar vor dem Zusammentritt des Landtags ein
Ministerium bildete, daß aber, wenn das Ministerium bis nach Eröffnung
des Landtags bliebe, die Veränderung schwieriger werden könnte. Ich
habe deshalb Tauffkirchen in einem Brief freie Hand gelassen, wenn er
es für nötig hält, in diesem Sinne zu wirken. Die Intrigen Neumayrs
habe ich durch die Einwirkung von Dönniges und Unbbscheiden un-
gefährlich gemacht und damit das Terrain für mich günstig vorbereitet.
1) In einem Briefe vom 17. Januar 1867, welcher in Nr. 574 der „Münchner
Neuesten Nachrichten“ vom 8. Dezember 1904 veröffentlicht ist, nimmt Richard
Wagner für sich die Ehre in Anspruch, dem König Ludwig zuerst den Rat erteilt
zu haben, sich dem Fürsten Hohenlohe anzuvertrauen und seinen Rat einzuholen.
2) von Dönniges (1814 bis 1872) damals, nachdem er als bayrischer Geschäfts-
träger in der Schweiz abberufen war, ohne Amt in München lebend.