Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Aus den Jahren 1850 bis 1866 179 
Wenn also der König doch noch auf dem Gedanken bestehen sollte, daß 
ich vor dem Zusammentritt des Landtags ein Ministerium bilde, so habe 
ich Einleitungen getroffen, daß er mich telegraphisch zurückrufen läßt. 
Unterdessen wird die Presse in meinem Sinne bearbeitet. 
Ich reise heute abend ab und werde suchen, die Sachen so schnell 
als möglich zu erledigen, um zu rechter Zeit wieder hier sein zu können, 
oder wenigstens à portée eines Telegramms, welches mir nach Rauden 
an Viktor zu adressieren wäre. 
Die Projekte, die hier gemacht werden, sind wirklich so dumm und 
landesgefährlich, daß ich bei aller Bescheidenheit meinen Eintritt ins Mini- 
sterium als eine Notwendigkeit ansehe. Ich bin einem Komplott auf der 
Spur, welches Neumayr zum Ministerpräsidenten und Bray zum Minister 
des Aeußern machen will. Je l’ai ebruité und habe damit vielleicht der 
Sache die Spitze abgebrochen. 
In dem Seite 177 erwähnten Rundschreiben des Ministers von der 
Pfordten, welches am 5. November 1866 abgesendet wurde, wird über 
die künftige Stellung Bayerns zu Norddeutschland folgendes gesagt: 
„Der Eintritt in den Norddeutschen Bund kann auf keinen Fall als 
Ziel der bayrischen Politik betrachtet werden. Seit dem Jahre 1848 hat 
Bayern konsequent den Grundsatz befolgt, jeder Reform des Deutschen 
Bundes zuzustimmen, an welcher sich Oesterreich und Preußen gleichmäßig 
beteiligen, aber mit einer dieser beiden Großmächte allein in kein Ver- 
fassungsbündnis einzutreten, sowohl im bayrischen als im allgemeinen 
deutschen Interesse, weil darin ebenso die Mediatisierung Bayerns wie die 
Zerreißung Deutschlands liegen würde. Diesem Grundsatze gemäß hat 
die bayrische Regierung die Reichsverfassung von 1849 abgelehnt und 
ihren Beitritt zu dem sogenannten Dreikönigsbündnis mit dem Erfurter 
Parlament verweigert. Diesem Grundsatze gemäß hat sie im Jahre 1863 
nach dem Mißlingen des Fürstentags sich nicht dazu verstanden, eine Neu- 
gestaltung des Bundes ohne Preußen durchzuführen. Diesem selben Grund- 
satze gemäß wird sie auch jetzt von einem Eintritte in den Norddeutschen 
Bund absehen müssen.“ 
Hiergegen wendet sich das vorerwähnte Gutachten des Fürsten. Es 
heißt darin: 
Wie die Tätigkeit der bayrischen Regierung in der deutschen Frage 
seit 1849 eine wesentlich negative war, so geht die Absicht des Herrn 
Ministers von der Pfordten auch jetzt dahin, die bayrische Selbständigkeit 
durch negative Bestrebungen zu erhalten. 
Mir scheint aber die Lage Bayerns nach den neuesten Ereignissen zu 
gefahrvoll, um in einer abwartenden Haltung die genügende Sicherheit
	        
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