Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Aus den Jahren 1850 bis 1866 185 
werden kann. Der Großstaat, an welchen sich Bayern anzuschließen und 
als dessen Bundesgenosse im Kriegsfalle es sich offen zu erklären hat, ist 
nach unfrer bestimmten Ueberzeugung Preußen. 
Es ist nicht Oesterreich, dessen Organismus eine Gewähr einstigen 
Erreichens unsers Zielpunktes nicht bietet, es ist nicht Frankreich, welches, 
abgesehen von den Bedenken, die das Wiedererstehen eines von der Ge- 
schichte gebrandmarkten Bundes finden müssen, ein solches Bündnis wohl 
nur im Interesse der Arrondierung seiner Grenzen eingehen könnte. 
Durch die Allianz mit Preußen sind wir allein imstande, nicht die 
Erhaltung des Friedens in Europa zu sichern, aber doch ein Gewicht für 
die Erhaltung des Friedens in die Wagschale zu werfen. 
Aber nicht Bundesgenossenschaft allein; die gegenwärtigen Macht- 
verhältnisse bringen es mit Notwendigkeit mit sich, daß Bayern, gegen 
bestimmte Garantie der Souveränität seines Königs, im Falle eines Kriegs 
sich der Führung Preußens unterstellt, weshalb bei der Organisation 
unsrer Wehrkräfte auf diese Möglichkeit Bedacht zu nehmen ist. Eine solche 
Allianz sofort anzubahnen, halten wir für geboten. 
Wenn es aber offen ausgesprochen werden muß, daß Bayern im 
Falle eines Angriffs auf Preußen an dessen Seite stehen würde, so ist 
doch wohl selbstverständlich, daß neben dieser Allianz die freundschaftlichen 
Beziehungen mit den übrigen Mächten und vor allem mit dem Kaisertum 
Oesterreich soweit möglich zu wahren sind. 
3. Bezüglich der deutschen Mittelstaaten der südwestlichen Gruppe wird 
sich nach dem Vorgetragenen unfre Politik in dem Streben betätigen, die 
gleiche Allianz mit Preußen und mit uns herzustellen. 
II 
1. Dem Zielpunkte der bayrischen Politik in der nationalen Frage 
entsprechend, ist es Aufgabe der bayrischen Regierung, dahin zu wirken, 
daß Gesetzgebung und Verkehr in allen deutschen Staaten gemeinschaftlich 
und gleichartig geregelt werden. 
2. Die Beratung und Durchführung der sozialen Gesetzgebung sowie 
der allgemeinen Prozeßordnung sind diesem Grundsatz entsprechend zu 
leiten und möglichst zu beschleunigen. 
3. Die Heeresorganisation ist nach den Grundsätzen der allgemeinen 
Wehrpflicht, doch unter Vermeidung derjenigen Mißstände durchzuführen, 
welche in der preußischen Heeresverfassung zu gegründeten Klagen Ver- 
anlassung geben. 
Gesetzliche Regelung aller im Falle eines Krieges zulässigen Ausnahme- 
bestimmungen erscheint nötig. 
Die Untersuchung und Aburteilung gemeiner Verbrechen und Vergehen
	        
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