202 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870)
5. Die unter 4. vorgesehenen gemeinsamen Angelegenheiten werden auf
Initiative des Bundesrats geregelt, und soweit Gesetze zu erlassen sind, wird
auf dem bezüglich der Wechsel= und Handelsgesetzgebung eingeschlagenen Wege
verfahren. Die Gesetzgebung bleibt im Norden dem Reichstag des Nord-
deutschen Bundes, im Süden den Kammern der vier Staaten. Bezüglich der
Militärverfassung erkennt Preußen die Stuttgarter Konferenzbeschlüsse an.
6. Zur Marine des Bundes und zur Vertretung der Handelsinteressen
durch Konsulate trägt der Süden eine durch Vertrag festzusetzende Quote bei.
7. Der Anteil an den Kosten und an der Besatzung der Bundes-
festungen und Bundeshäfen wird im Prinzip gleichfalls durch Vertrag
geregelt und durch den Bundesrat festgesetzt.
8. Bedingung des Abschlusses ist gleichzeitiger Abschluß einer Allianz
des gesamten Deutschlands mit Oesterreich, in welcher die Integrität des
deutschen Gebiets gegenseitig garantiert, dagegen von Oesterreich unter
Modifizierung des Prager Friedens der Deutsche Bund anerkannt wird.
Ich lege auf letzteren Punkt deshalb großes Gewicht, weil bei den
hier sich mehr und mehr fühlbar machenden Einflüssen Oesterreichs nur
dadurch die Stimmung und Zustimmung zum Abschluß eines Bundes-
vertrags mit Preußen zu gewinnen sein wird, wenn gleichzeitig Oesterreich
in der Allianz eine Entschädigung dafür geboten werden kann, daß es
seinen Einfluß auf Süddeutschland durch das Zustandekommen eines
Bundes der süddeutschen Staaten mit dem Norden vermindert sieht. Indem
ich Eurer Königlichen Hoheit diese Skizze vorzulegen mir erlaube, bitte
ich um Höchstderen Aeußerung über dieselbe und darüber, ob Eure König-
liche Hoheit eine detailliertere Darlegung befehlen. Ich würde für eine
baldgnädige Antwort aus dem Grunde besonders dankbar sein, weil ich
von Stuttgart in den nächsten Tagen Eröffnungen entgegensehe, die ich
nicht eher beantworten will, ehe ich die Ansicht Eurer Königlichen Hoheit kenne.
Schließlich erlaube ich mir zu bemerken, daß die Ratifikationsurkunde
über die Stuttgarter Konferenz Seiner Majestät dem Könige vorliegt und
in diesen Tagen abgehen wird. Ich wage die Bitte, die Auswechslung
der Ratifikationen gnädigst sobald als möglich anbefehlen zu wollen,
wenn unfre Urkunde in Karlsruhe ankommt, da mir die Veröffentlichung
der Resultate der Konferenz in allseitigem Interesse geboten erscheint.
Ueber die Beurteilung, welche die ersten öffentlichen Erklärungen des
Fürsten in Berlin gefunden hatten, schrieb ihm der bisherige preußische
Gesandte in München, Prinz Reuß:
Berlin, 20. Februar 1867.
Seit gestern früh bin ich hier und habe den Grafen Bismarck sogleich
gesehen und ihm viel von München und von Ihnen erzählen müssen. Ich