Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 205
Vereinigung mit dem Norden vorzubereiten. Ich verkenne aber auch nicht
die Schwierigkeit, diese vier Grundsätze so zu verbinden, daß sie dem mehr
und mehr sich befestigenden Norddeutschen Bunde annehmbar gemacht
werden können.
Der erste Satz unter den acht Punkten, in welchen Sie die Grund-
lage des gemeinschaftlichen Vorgehens der süddeutschen Staaten erblicken,
bezeichnet das Verhältnis zu Norddeutschland als einen unauflöslichen
Bund, und zwar als einen weiteren Bund im Gegensatz zu dem engeren
Norddeutschen. Dieser Gedanke genügt, um alle übrigen Punkte als mehr
oder weniger untergeordnet erscheinen zu lassen, insofern als dieselben von
einer Vereinbarung mit Preußen abhängen. Ich unterlasse es daher, mich
auf das einzelne schon heute näher einzulassen, und will nur zwei Fragen
Ihrer freundlichen Erwägung empfehlen.
Diejenigen Teile der Gesetzgebung, wobei es unerläßlich ist, eine volle
Gleichmäßigkeit über Deutschland zu verbreiten, sind vorzugsweise auf dem
Gebiete materieller Interessen zu finden. Es wird dabei die Frage des
Zollvereins wohl die leichteste Handhabe gewähren, um die Schwierigkeit
zu lösen, welche jetzt noch in dem Mangel einer Zusammenfassung aller
deutschen Staaten in einem gemeinsamen Reichstag besteht. Vertrauliche
Mitteilungen aus Berlin sagen uns, daß der Eintritt von Vertretern süd-
deutscher Regierungen in den Bundesrat und süddeutscher Abgeordneten
in den Norddeutschen Reichstag für Zollangelegenheiten und somit die Ver-
wandlung desselben in ein Zollparlament als eine vielleicht nahe bevor-
stehende erste nähere Verbindung von Nord und Süd zu erwarten stehe.
Ein solcher Anfang würde sich wohl sehr bald weiter ausbilden und über
andre Gebiete verbreiten. Die ganze so schwierige Gesetzgebungsfrage würde
dadurch auf natürlichem, praktischem Wege eine gute Lösung finden, und
es dürfte wohl geraten sein, diese Lösung durch einen dahinzielenden
Vorschlag vorzubereiten.
Die Aussicht auf Beteiligung der süddeutschen Staatsregierungen und
Landesvertretungen bei den entsprechenden Organen des Norddeutschen
Bundes, insbesondere die Aussicht auf Bildung eines Zollparlaments,
würde dann wohl auch dem Punkt 4 Ihrer Vorschläge eine modifizierte
Gestalt verleihen, indem dann auf dem Wege der Gesetzgebung teilweise
zu erlangen wäre, was dort Verträge festsetzen sollen.
Sofern nun aber ein Bundesvertrag zwischen den einzelnen süddeutschen
Staaten und dem Norddeutschen Bunde abgeschlossen werden will, der
nach dem Vorbilde der alten bisherigen deutschen Bundesakte gestaltet
werden soll, frage ich mich, ob es nicht ratsamer wäre, sich möglichst
streng an diesen alten Bundesvertrag anzuschließen und danach zu streben,
dessen entwicklungsfähige Keime zur Reife zu bringen. So wenig auch