Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 215 
glaubt der treugehorsamst Unterzeichnete vor allem der Ansicht entgegentreten 
zu sollen, als könne es den Interessen des Königreichs entsprechen, abzu- 
warten, bis Oesterreich wieder in die Lage käme, die frühere Stellung in 
Deutschland einzunehmen. Ich halte eine solche Aenderung der Verhältnisse 
Oesterreichs bei der dermaligen Gestaltung der österreichischen Monarchie 
weder für wahrscheinlich, noch glaube ich, daß der Wiedereintritt Oesterreichs 
in den Deutschen Bund bei dem unbedingten Widerspruch Preußens möglich 
ist, wie es denn nach den mir von Wien zugekommenen Nachrichten auch 
nicht in den Intentionen der österreichischen Regierung liegt. 
Jedenfalls würde der Versuch zu einem europäischen Kriege führen, 
der die Existenz Bayerns in Frage stellen müßte. 
Aber auch von solcher Kriegsgefahr abgesehen, würde bei Fortdauer 
einer abwartenden und gänzlich isolierten Stellung Bayerns Preußen nicht 
verfehlen, aus dieser Isolierung bei Behandlung der schwebenden materiellen 
Fragen Vorteile zu ziehen, welche den Wohlstand des Landes und indirekt 
die Erhaltung gesetzlicher Zustände im Lande in hohem Maße gefährden würden. 
Der treugehorsamst Unterzeichnete glaubt daher verpflichtet zu sein, 
den Eintritt in die von Preußen angekündigten Verhandlungen über das 
Verhältnis der süddeutschen Staaten zu dem Norddeutschen Bunde dringend 
anraten und vorher, soweit irgend möglich, eine Verständigung über 
gemeinschaftliches oder doch gleichartiges Vorgehen der südwestdeutschen 
Staaten in dieser Frage herbeiführen zu sollen. Mehren sich schon täglich 
die Anzeichen, daß Preußen mit Inangriffnahme der Frage lange zu warten 
nicht gesonnen sei, in welcher Beziehung der treugehorsamst Unterzeichnete 
auf die Rede des Königs von Preußen vom 24. Februar und auf die 
Rede des Grafen Bismarck am 11. März 1867 1) Bezug nimmt, so 
  
1) Die Thronrede König Wilhelms vom 24. Februar (bei Eröffnung des kon- 
stituierenden Reichstags des Norddeutschen Bundes) sagte in bezug auf Süddeutschland: 
„Die Ordnung der nationalen Beziehungen des Norddeutschen Bundes zu unsern 
Landsleuten im Süden des Mains ist durch die Friedensschlüsse des vergangenen 
Jahres dem freien Uebereinkommen beider Teile anheimgestellt. Zur Herbeiführung 
dieses Einverständnisses wird unsfre Hand den süddeutschen Ländern offen und 
entgegenkommend dargereicht werden, sobald der Norddeutsche Bund in Feststellung 
seiner Verfassung weit genug vorgeschritten sein wird, um zur Abschließung von 
Verträgen befähigt zu sein. Die Erhaltung des Zollvereins, die gemeinsame Pflege 
der Volkswirtschaft, die gemeinsame Verbürgung für die Sicherheit des deutschen 
Gebiets werden Grundbedingungen der Verständigung bilden, welche voraussichtlich 
von beiden Teilen angestrebt werden.“ Die Rede des Grafen Bismarck vom 11. März 
sagte von Süddeutschland: „Was dann noch die wichtige Machtfrage betrifft, so 
halte ich die Vereinigung von Norddeutschland und Süddeutschland allen Fragen 
gegenüber, wo es sich um den Angriff des Norddeutschen Bundes handelt, in allen 
Punkten gesichert. Sie ist gesichert durch das Bedürfnis des Südens und durch 
die Pflicht des Nordens, ihm beizustehen.“
	        
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