222 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870)
in Bayern nicht allzusehr hervorzuheben. Es sei viel Parteitreiben dabei,
und die Stimmung könne jeden Augenblick umschlagen.
Am 2. April erging an den bayrischen Gesandten in Berlin, Grafen
von Montgelas, die folgende Depesche:
Gestern Abend sprach mir Baron Werthern den Wunsch des Grafen
Bismarck aus, die Ansicht der Königlichen Regierung in der Luxemburger
Angelegenheit zu kennen. Ich habe mich beeilt, die Beschlüsse Seiner
Majestät des Königs, meines allergnädigsten Herrn, einzuholen und ent-
spreche nunmehr dem ausgesprochenen Wunsche in nachstehender Weise:
Graf Bismarck wird die Schwierigkeit einer bindenden Aeußerung in
einer Angelegenheit anerkennen, von der mir bis jetzt jede offizielle Kenntnis
fehlt, in welcher ich vielmehr auf Zeitungsgerüchte und auf die gestern
Abend hier eingetroffene telegraphische Notiz der Erklärung des Grafen
Bismarck im Reichstage 1) hingewiesen bin.
Soweit hiernach eine Beurteilung möglich ist, teilt die Königliche
Regierung den von dem Grafen Bismarck angedeuteten Standpunkt voll-
kommen und möchte nur demselben noch beifügen, daß sie im Hinblick auf
die Verträge vom 19. April 1839 und 27. Juli 1839 jede Veräußerung
des Großherzogtums Luxemburg ohne freie Einwilligung der Wallramschen
Linie des Hauses Nassau, als Rechtsnachfolgers, für unzulässig hält.
Jedenfalls vertraut die bayrische Regierung, daß Graf Bismarck nichts
unterlassen hat und nichts unterlassen wird, was dazu dienen kann, die
Rechte Deutschlands in dieser Sache auf friedlichem Wege zu wahren.
Sollten, was Gott verhüten wolle, die Dinge eine noch ernstere
Wendung nehmen, so erwartet die Königliche Regierung, daß ihr vom
Grafen Bismarck vertrauliche Mitteilung ohne Verzug zuteil werde.
E. H. wollen Seiner Exzellenz dem Herrn Grafen von Bismarck
Kenntnis von dem Inhalte dieser Depesche geben.
Laut Telegramm an Werthern vom 2. April wünschte Graf Bismarck
durch Vermittlung Bayerns zu erfahren, welche Haltung er im Falle eines
Kriegs mit Frankreich von Oesterreich zu erwarten habe. Nachdem eine
Anfrage durch chiffriertes Telegramm an den banyrischen Gesandten in
Wien ergangen war, richtete der Fürst an diesen noch an demselben Tage
das folgende Schreiben:
Durch chiffriertes Telegramm vom Heutigen habe ich E. H. aufgefordert
zu versuchen, Verlässiges über die Stimmung der Kaiserlichen Regierung im
Falle kriegerischer Wendung der Luxemburger Frage zu erfahren.
1) Am 1. April auf die Interpellation Bennigsen.